Jubiläumsjahr-Projektleiter Günter Moraw und Museumskuratorin Elfriede Oswald vor dem für 2019 geplanten Museum / Foto: Rehberger

Zeitspuren im Land der 1.000 Hügel

von | Apr. 26, 2018 | Archiv, Region

Die Marktgemeinde Pitten feiert nächstes Jahr ihren 1150. Geburtstag. Ein „Runder“, der entsprechend gewürdigt wird. Die Aktivitäten rund um die Landesausstellung kommen da gerade recht. Die Vorbereitungen für das historische Jahr laufen bereits – neues Museum und spannende Exponate inklusive.

Am 5. Jänner 2019 beginnen die Feierlichkeiten rund um das Jubiläumsjahr in der Gemeinde Pitten mit der Eröffnung des neuen Museums. In einer Schenkungsurkunde aus dem Jahr 869 wird Pitten erstmals urkundlich erwähnt und ist damit eine der ältesten Gemeinden Niederösterreichs. Die Besiedelung des Gebietes reicht aber noch viel weiter zurück.

Bis in die mittlere Bronzezeit, also vor rund 3.500 Jahren, lassen sich die Spuren zurückverfolgen. Zahlreiche einzigartige Fundstücke aus einem ausgedehnten Gräberfeld haben auch international großes Aufsehen bei Archäologen geweckt. Reich verzierte Diademe, Stachelscheiben oder Bronzenadeln werden auch in der neuen Ausstellung zu sehen sein. Diese wird in den ehemaligen Räumlichkeiten der Raiffeisenbank (zwischenzeitlich war hier auch die Gemeinde untergebracht) ausgestellt. Derzeit laufen die Umbauarbeiten am neuen Museum „Zeitspuren im Land der 1.000 Hügel“.

Geschichte zum Anfassen

Dass es für das historische Jahr überhaupt eine derartige Fülle an Material gibt, ist vielen Freiwilligen zu verdanken. Vor einigen Jahren wurde der Historienpfad des damaligen Museums- und Bildungsvereins mit Obfrau Elfriede Oswald ins Leben gerufen. Den Verein gibt es heute nicht mehr, den Weg, der anhand verschiedener Stationen multimedial durch die Gemeinde führt, den gibt es aber noch. Und auch Frau Oswald ist als Kuratorin des neuen Museums wieder mit von der Partie. Gemeinsam mit dem ehemaligen Pittener Bürgermeister Günter Moraw, der als Projektleiter für das Jubiläumsjahr im Einsatz ist, nimmt sie sich der historischen Aufarbeitung an. So sind auch schon viele Exponate – Originale und Repliken – aus dem früheren Schauraum des Vereins in das neue Museum gewandert.

Nibelungenlied und Corvinusbecher

Die frühere Bedeutung Pittens ist auch durch die Nennung in der Klage zum Nibelungenlied (Anm.: ein mittelalterliches Heldenepos) dokumentiert. Das Jahr 1485 ist ein weiterer Meilenstein in der Geschichte Pittens. Zu dieser Zeit belagerte der Ungarnkönig Matthias Corvinus die Pittener Burg, konnte diese aber erst einnehmen, nachdem alle Vorräte der Burgverteidiger verbraucht waren. Corvinus war von der Tapferkeit des Burghauptmanns Wolfgang Teufel so beeindruckt, dass er nicht nur freies Geleit gewährte, sondern Teufel seinen eigenen Trinkbecher schenkte. Dieser Becher wurde vor 50 Jahren auf dem Schloss des Grafen Baudissin-Zinzendorf, einem Nachfahren von Teufel, wiederentdeckt. Der Graf schenkte den Becher anlässlich der 1.100-Jahr-Feier der Gemeinde Pitten.

„Im Gegensatz zum Wiener Neustädter Corvinusbecher, der ein Beutestück sein dürfte, ist der Pittener Corvinusbecher der persönliche Trinkbecher des Ungarnkönigs. Bemerkenswert ist auch, dass Wiener Neustadt im Jahre 1192 auf dem Gebiet der in der Literatur oft so genannten ‚Grafschaft Pitten‘ gegründet wurde und dass die Bucklige Welt bis ins 19. Jahrhundert als Pittener Waldmark bezeichnet wurde“, so Moraw.

Geschichte und Unterhaltung

Das ganze Jahr 2019 dreht sich um das Jubiläum. Zahlreiche Veranstaltungen, darunter auch traditionelle Fixpunkte wie Konzerte oder das Marktfest, stehen nächstes Jahr im Zeichen der historischen Feierlichkeiten. Den Anfang macht die Museumseröffnung. Dazu sind die Arbeiten in vollem Gange. Den Besucher erwartet eine Präsentation der 3.500 Jahre langen ereignisreichen Besiedelungsgeschichte der Region. Von Fundstücken aus der Bronzezeit über das Mittelalter bis hin zur Industriegeschichte der letzten Jahrhunderte kann man durch die Geschichte der Gemeinde wandern. Funde aus dem Gräberfeld sind ebenso zu sehen wie Einblicke in die Papierindustrie, der die Gemeinde Pitten ihren wirtschaftlichen Aufschwung verdankte.

Besonders in Szene gesetzt wird der Corvinusbecher, der im ehemaligen Banksafe hinter dicken Tresorwänden ausgestellt wird. Eigenes Museumspersonal wird die Besucher im Jubiläumsjahr auf ihrer Zeitreise begleiten.

Es wird modisch

Die Detailplanung ist nun abgeschlossen, wobei eine enge Zusammenarbeit der Kuratorin mit dem Urgeschichtsmuseum in Asparn an der Zaya, dem Bundesdenkmalamt, dem Naturhistorischen Museum und vielen anderen Wissenschaftern erfolgte. So kann den Besuchern eine weitere Besonderheit gezeigt werden: Eine Textilarchäologin des Naturhistorischen Museums wird eine Figur originalgetreu nachbilden, inklusive der passenden Kleidung, wie sie in der Bronzezeit üblich war. Das ist aber nicht das einzige modische Highlight im Jubiläumsjahr. Am 14. September 2019 wird im Rahmen des Urgeschichtsfestes im Park in Pitten eine mittelbronzezeitliche Modeschau mit Pittener Models stattfinden. Das Fest selbst wird von Wissenschaftern der Uni Wien begleitet. So kann man bei diversen Stationen originalgetreu backen, weben, töpfern oder Bronze gießen wie vor 3.500 Jahren. Der offizielle Festakt ist bereits am 1. Juni 2019, wenn die Nachwuchsschauspieler, vom Kindergarten bis zur NMS, der Gemeinde ein Theaterstück auf die Bühne bringen.

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3.500 Jahre im Zeitraffer

  • 1932 wurden in Pitten erstmals bronzezeitliche Gräber (1550–1250 v. Chr.) entdeckt. 1967–1971 fanden systematische Grabungen im Bereich der Kelten- und Kreuzackergasse statt.
  • Ein Friedhof mit 137 Gräbern aus der awarischen bzw. slawischen Siedlungsepoche (9. Jhd. n. Chr.) wurde entdeckt.
  • 2009 werden unterhalb der Berghöhle römische Münzen gefunden (1.–5.Jhd. n. Chr.). Schon 1891 wurde der Sandsteinlöwe bei Grabungsarbeiten entdeckt. Beides lässt auf eine Besiedlung zur Römerzeit schließen.
  • 869 n. Chr.: erste urkundliche Erwähnung des Namens – ad putinnu (Pitten) in einer Schenkungsurkunde der Nonne Peretcund an das Domstift Freising
  • 976–1055: Die Geschlechter der Grafen von Wels-Lambach werden Markgrafen von Pitten genannt.
  • Um 1200: In der „Nibelungenklage“ wird über die Burg und Herrschaft Pitten berichtet.
  • 1827 entsteht die erste Papierfabrik in Pitten.