Eingangsportal Mönichkirchnerhof / Foto: Markus Steinbichler
Grandhotel im Dornröschenschlaf
Mit unserer neuen Serie „Lost Places“ zeigen wir verborgene Baujuwelen aus der Region, die noch heute von der Pracht vergangener Tage zeugen. Markus Steinbichler hat wieder die Geschichte eines besonderen historischen Hauses in eindrucksvollen Bildern festgehalten. Diesmal hat er auch einen persönlichen Bezug zu dem Bauwerk: Schon seine Urgroßmutter und seine Großmutter arbeiteten als Küchenhilfen im Mönichkirchner Hof, der sich seit über zehn Jahren im Dornröschenschlaf befindet.
In der letzten Ausgabe haben wir mit dem Hotel Friesl in Aspang den Beweis erbracht, dass ein „Lost Place“ nicht unbedingt „verloren“ bleiben muss. Das ehemalige Hotel wurde renoviert, und Wohnungen wurden errichtet. Im Wechselgebiet, genauer gesagt in Mönichkirchen, wartet ebenfalls ein Hotel mit wechselhafter Geschichte auf eine neue Aufgabe.
Der Mönichkirchner Hof ist einer von mehreren eindrucksvollen Hotelbauten, die um die Wende zum 20. Jahrhundert entstanden sind. Das herrschaftliche Anwesen wurde 1910/11 als Hotel und Gaststätte gebaut, dürfte aber nie wirklich floriert haben. Im Buch „Frühlingssturm – Ein Führer-Hauptquartier in Niederösterreich“ der ARGE Zeitsprünge, erschienen im Kral-Verlag, werden auch der Mönichkirchner Hof und seine Entwicklung im Laufe der Jahre umrissen. Der Beherbergungsbetrieb wurde nach mehreren Besitzerwechseln zwischenzeitlich auch als Erholungsheim genutzt, bevor er wieder als Gasthaus betrieben wurde. Die Gästeflaute hielt aber an, und schließlich wurden hier ab dem Jahr 1985 Asylwerber beherbergt.
Sinnvolles Konzept fehlt noch
Knapp zehn Jahre später kaufte schließlich die Sozialhilfeeinrichtung „Grüner Kreis“ das Haus, in dessen Besitz es bis heute ist. Seit bereits zehn Jahren steht es allerdings leer. Eine zündende Idee, wie man die historischen Gemäuer am sinnvollsten und wirtschaftlich rentabel nutzen kann, gibt es aber bis heute nicht.
Seitens des „Grünen Kreises“ heißt es, man habe zwischenzeitlich geplant, Kleinwohungen für ehemalige Patienten einzurichten, damit diese nach der Therapie Wohnmöglichkeiten finden. Allerdings ist der Standort sehr entlegen, selbst am Bahnhof Mönichkirchen, gleich neben dem Hotel, halten keine Züge mehr.
Zudem müsste das Hotel umfassend saniert werden, was eine große finanzielle Herausforderung wäre und ein sinnvolles Nutzungskonzept voraussetzen würde. Derzeit werden nur laufend kleine Erhaltungsarbeiten von Patienten durchgeführt, ansonsten steht das Hotel leer und ist ungenutzt.
Küchenhilfen im Führerhauptquartier
Das war aber nicht immer so. Das weiß Markus Steinbichler aus erster Hand. Großmutter Theresia Mayer ist in einem „Kleinhäusl“ bei Mitteregg aufgewachsen – gleich in der Nähe des Hotels. Großmutter und Urgroßmutter haben in den 1940er-Jahren als Küchenhilfen im Hotel gearbeitet – auch zu der Zeit, als hier das „Führerhauptquartier“ für den Jugoslawien-Feldzug Einzug hielt (11. bis 25. April 1941).
Aus dieser Zeit sind ein paar alte Schwarz-Weiß-Fotos der Küchenbelegschaft vor dem Hotel und ein spezielles Rezept geblieben, das bis heute als Familienerbstück weitergegeben wird: die Blättertorte, eine Variante der bekanntesten ungarischen Torte – der Dobostorte (ungarisch: Dobostorta).
Diese wird seither traditionell und mit viel Aufwand für Familienfeiern zubereitet und ist bei keinem Geburtstag in der Familie Mayer/Steinbichler wegzudenken. Wer sich auf die kulinarischen Spuren des Mönchkirchner Hofs begeben will: Im Kasten unten dürfen wir das Rezept verraten!
Originalrezept für die Blättertorte aus dem Mönichkirchner Hof
Zutaten:
3 dag Butter, 10 dag Zucker
1 Ei, 1 EL Honig, 25 dag Mehl, 1 Pkg. Backpulver
Alle Zutaten zu einem Teig verkneten, ausrollen,
vier Tortenböden
ausstechen und backen.
Für die Creme:
2 Pkg. Schokoladenpudding zubereiten, 10 dag Butter,
10 dag Zucker einrühren.
Die Tortenböden mit der Creme zusammensetzen und mit Schokolade
glasieren.
Vorschau:
Auch in unserer nächsten Ausgabe präsentieren wir wieder einen spannenden „Lost Place“: Wir begeben uns auf Spurensuche von Erzherzog Johann in Thernberg