Lutzmannsburgs Winzer sind stolz auf 800 Jahre Weingeschichte und die nachfolgende Generation / Foto: Pastorek

Burgenlands älteste Weinbaugemeinde: 800 Jahre Lutzmannsburger Wein

von | Jul 18, 2018 | Archiv

1218 wurde Weinbau in Lutzmannsburg erstmals urkundlich erwähnt. Damit ist die knapp 900 Einwohner zählende Gemeinde die älteste urkundlich erwähnte Weinbaugemeinde des Blaufränkischlandes und des ganzen Burgenlandes. Anlässlich dieses Jubiläums zeigen sich der Weinbauverein und die Winzer Lutzmannsburgs erneut innovativ und kreativ – auch auf digitaler Ebene.

„Wir sind dabei, eine Online-Vinothek einzurichten“, erzählt Weinbauvereinsobmann Günther Toth aus Lutzmannsburg und berichtet weiter: „Damit können Weine aller Lutzmannsburger Weingüter online bestellt werden. Geplant ist auch eine App, mit der sich Besucher auf unseren Veranstaltungen Weine, die ihnen schmecken, vormerken können – daraus kann auch eine Bestellung gemacht werden.“

Qualität als Wirtschaftsfaktor

800 Jahre Weinbau – darin steckt viel Geschichte und Entwicklung. Eine der markantesten der letzten drei Jahrzehnte ist in Lutzmannsburg wie auch anderswo die Ertragsregulierung am Weinstock und das Vorselektieren der Trauben, was zu bemerkenswerten Qualitätssteigerungen führte. Qualität, die Kunden zu Weinliebhabern und Weingenießern gemacht hat und noch immer macht, Weinbetriebe wachsen ließ und nach wie vor innerhalb und außerhalb der Familie Arbeitsplätze schafft. Zudem locken Weinveranstaltungen viele Touristen an: in Lutzmannsburg zu drei Jahreszeiten die Weinblütenwanderung (Bericht Seite 24), das Rotweinerlebnis und der Tag der offenen Kellertüren.

Einzigartiges Hochplateau

Speziell und einzigartig am Lutzmannsburger Weinbaugebiet ist das Hochplateau, auf welchem die Weingärten in einem geschlossenen Weinbaugebiet etwa 40 m über Lutzmannsburg wachsen und gedeihen. Wo sie 2016 vom Frost, der in anderen Weinbaugemeinden Schäden bis zu 50 Prozent verursacht hat, gänzlich verschont geblieben sind. Vielleicht steht auch deshalb der älteste Weingarten des Burgenlandes in Lutzmannsburg. „Mein Urgroßvater hat ihn 1906 ausgesetzt. Er war damals einer der Ersten, die veredelt haben – das war nach der Reblaus“, weiß Hans Rohrer (71), Vater von Kerstin Rohrer, zu berichten. Und über den Glykolskandal von 1985 sagt er: „Wir haben sauber gearbeitet und konnten nach dem Weinskandal aufgrund der Qualität mehr verlangen.“ Auch kann sich der pensionierte Winzer – der natürlich noch immer im Weingarten aktiv ist – erinnern, „dass sich von da weg so richtig große Weinbetriebe herauskristallisiert haben“. Dabei wurde neben Qualität zunehmend das Marketing zu einem bedeutenden Faktor, sowohl beim Ab-Hof-Verkauf wie auch für den Verkauf im Supermarkt.

Wein verbindet

Weinevent-Besucher wie auch Weinkunden findet man in allen Altersklassen – der Sprung in die Moderne ist dem Naturprodukt Wein somit einwandfrei gelungen. Aber auch der Generationenwechsel funktioniert in Lutzmannsburg tadellos. Der Stellenwert der Ausbildung hat dabei allerorts an Bedeutung zugelegt. Arbeit an Sonn- und Feiertagen wie auch bis spät in die Nacht, Personalspitzen decken, nach dem Wetter richten, Reisebereitschaft, Büroarbeit erledigen – damit sind die Nachfolger bestens betraut. Und auch das Wichtigste hat die junge Generation von den Eltern gelernt: sich für das Vinifizieren seiner Weine wie auch für seine Kunden Zeit zu nehmen.

Neueste Trends

Was Weinbauvereinsobmann Toth besonders freut, ist, „dass unsere jungen Winzer fleißig aussetzen“. Die 180 ha Weingartenfläche Lutzmannsburgs, welche teilweise mit Herbizid- und Insektizidverzicht wie auch Taubegrünung bewirtschaftet werden, wachsen also momentan. Maschinen auf dem neuesten Stand der Technik sind dabei vom Weinstock bis zum Füllen im Einsatz. Wobei die Weinlesemaschine größtenteils seit etwa drei Jahren in den Weingärten der flaschenfüllenden Lutzmannsburger Winzer ihre Arbeit verrichtet. Sie spart Zeit und arbeitet zuverlässig, sagen die Winzer. Wobei manche auch noch teilweise mit der Hand lesen – hier folgt jeder seiner eigenen Unternehmensphilosophie.

Schokolade mit Wein, Weintraubenmarmelade, neue Weinlinien der Jungwinzer, Frizzante – das alles haben Lutzmannsburgs Winzer neben edlen Tropfen aus der Flasche im Sortiment. Dazu kommt noch ein weißer Rotwein, wie er am Weingut Christian Prickler hergestellt wird. „Der Saft wird sofort von der Beerenhaut getrennt. Dadurch wird’s ein Weißwein aus blauen Trauben“, so Herbert Prickler. Es sind die Ideen, die Kreativität, persönlicher Einsatz und Engagement wie auch die Freude an der Arbeit, eine gute Nase und viel Gespür, die die Winzer Lutzmannsburgs immer wieder zu Erfolgen und Jubiläen hinführen.

Winzer am Wort:

 

Ich liebe an meinem Beruf die Vielseitigkeit – Pflanzen, Ernten, Herstellen und Verkaufen sowie den persönlichen Kontakt mit Menschen.

Edwin Weber

 

Wein machen macht mir Freude, und diese Freude habe ich zu meinem Beruf gemacht.      

Wolfgang Toth

           

Jeden Tag die Veränderungen der Natur beim Arbeiten im Weingarten wahrnehmen und genießen können, das ist es, was ich an meinem Beruf besonders mag.

Christian Rohrer

 

Ich bin gerne Weinbauer, weil es  jedes Jahr eine neue Herausforderung ist, einen typischen Wein eines Jahrgangs zu erzeugen. Außerdem bin ich gerne in der Natur und freue mich über jeden Sonnenauf- und -untergang beim Arbeiten im Weingarten.

Jürgen Weber

 

Mir taugt ganz einfach die Arbeit und das miteinander Arbeiten – das hält jung.

Hans Rohrer

 

Das Schönste am Winzer-Sein ist das Arbeiten mit und in der Natur und jedes Jahr aufs Neue Wein zu kreieren.

Stefan Toth

 

Das Arbeiten im Weingarten zu allen Jahreszeiten ist einfach schön, und wenn der Wettergott mithilft, ist die Freude bei der Traubenernte groß.

Günther Weber      

             

Für mich ist das Besondere, dass Wein die Typizität einer Region so einzigartig schmeckbar macht. Es ist wunderbar, die Reben vom Austrieb der Knospen bis zur Ernte und den Weg des Weines vom Weinkeller bis in die Flasche zu begleiten.

Kerstin Rohrer

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Wein-Wissen Lutzmannsburg

  • 22 Winzer – davon 11 flaschenfüllende Betriebe
  • Rotweinsorten: 99 %
  • Blaufränkisch: 71 %
  • tiefgründig, schwere Lehmböden, mit teils nennenswertem Löss- und Sandanteil und vereinzelt geringen Anteilen von Tonerde und Kalkeinschlüssen
  • vor 1900 Weißweingebiet