Vertreter des Forschungsteams und der Gemeinde Bad Erlach bei der Präsentation in St. Pölten / Foto: Hruby
Jüdische Geschichte für Museumsbesucher
Geschichtsforschung wird in der Region Bucklige Welt – Wechselland ganz großgeschrieben. Nun konnte das Forschungsprojekt zur jüdischen Geschichte in St. Pölten präsentiert werden.
Bereits in den vergangenen Jahren lief das zeit- und alltagsgeschichtliche Forschungs- und Bildungsprojekt „Erlebbare Geschichte im Land der 1.000 Hügel“ unter der Leitung von Johann Hagenhofer. Großes Augenmerk wurde bei der Aufarbeitung der Geschichte auf die Arbeit mit Zeitzeugen gelegt.
Neben zahlreichen Veranstaltungen, Präsentationen und Artikeln erschienen bis jetzt drei Regionsbücher. Im Zuge der Aufarbeitung der Geschichte der Region stieß man immer wieder auf ein besonders schwieriges Thema: das Schicksal der jüdischen Bevölkerung.
2016 startete daher ein neues Forschungsprojekt zu diesem Schwerpunkt. Mit finanzieller Unterstützung des Landes NÖ und der EU (Leader+) konnte das neue Projekt in Angriff genommen werden. 26 Gemeinden nahmen daran teil. Ein 18-köpfiges Team aus vorwiegend lokal ansässigen Heimatforschern hat unter der Leitung von Johann Hagenhofer (Organisation), Gert Dressel (Oral History) und Werner Sulzgruber (jüdische Geschichte) in lokalen und regionalen Archiven recherchiert sowie Interviews mit noch lebenden Zeitzeugen durchgeführt.
Die Schlusspräsentation des Forschungsprojektes erfolgte Ende Juni in der ehemaligen Synagoge in St. Pölten. Staatssekretärin Karoline Edtstadler fand dabei Dankesworte für das Forschungsprojekt und sprach sich dafür aus, „versöhnlich in die Zukunft zu schauen“.
Jüdische Familien
Die Ergebnisse des Projektes können sich sehen lassen, machen aber auch betroffen: Jüdinnen und Juden, die sich in der Region Bucklige Welt – Wechselland niederließen, stammten zumeist aus Westungarn. Ansässige Juden waren in der Region vorrangig als Kaufleute tätig. Auch jüdische Industrielle hatten schon früh in der Region Unternehmen aufgebaut. Schon Ende des 19. Jahrhunderts wurde in Bad Erlach eine private Synagoge errichtet, auch in Krumbach entstand ein privates Bethaus.
Das Jahr 1938 und der Nationalsozialismus führten zur Entrechtung und Verfolgung der jüdischen Bevölkerung der Region. Alle Juden wurden vertrieben. Ihre Wege führten sie in die ganze Welt. Von etwas mehr als 20 Prozent weiß man, dass sie überlebt haben. Von den rund 250 Juden, die unmittelbar vor 1938 in der Region gelebt haben, weiß man, dass 20 Prozent in den Vernichtungslagern der Nationalsozialisten ermordet wurden. Bei mehr als der Hälfte der Deportierten ist der Lebensweg unbekannt.
Museum und neues Buch
Die Ergebnisse des Forschungsprojektes werden im Rahmen der NÖ Landesausstellung 2019 „Welt in Bewegung“ im Museum für Zeitgeschichte in Bad Erlach gezeigt. Das ehemals jüdische „Hackerhaus“ wurde von der Marktgemeinde Bad Erlach angekauft und wird derzeit in ein Ausstellungs- und Kulturzentrum umgewandelt.
Im Februar 2019 werden die Forschungsergebnisse in Buchform veröffentlicht.