Schüler sowie Direktoren, Vertreter der Wirtschaftsplattform und der Region bei einem der Vorträge von Richard David Precht (2. Reihe Mitte) in der Buckligen Welt / Foto: Wirtschaftsplattform
„Wir brauchen starke, reife Persönlichkeiten“
Vor knapp 15 Jahren wurde die Wirtschaftsplattform Bucklige Welt als eines der wichtigsten Leader-Projekte in der Region ins Leben gerufen. Anlässlich des Jubiläums findet am 29. Jänner eine Diskussionsveranstaltung mit Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und Philosoph Richard David Precht statt. Wir sprachen mit dem Bestseller-Autor und „Bildung Wächst“-Schirmherren über das groß angelegte Bildungsprojekt in der Buckligen Welt und wie er die Verbindung von Schule und Wirtschaft sieht.
Bote: Sie sind von Anfang an Schirmherr des regionalen Bildungsprojekts „Bildung Wächst“ in der Buckligen Welt und im Wechselland. Was macht dieses Projekt so besonders, dass Sie mit Ihrem Namen dahinterstehen?
Richard David Precht: Das Projekt ist so besonders, weil es so spontan entstanden ist. Nach einem Vortrag den ich in Kirchschlag gehalten habe, wurde noch am selben Abend der Beschluss gefasst, nicht weiter nur über das Thema Bildung zu reden, sondern tatsächlich etwas zu tun. Inzwischen konnte ich feststellen, dass da eine unglaubliche Aktivität im Gange ist. Da passiert gerade wirklich ganz viel. Und das macht das Projekt zu einem Musterbeispiel dafür, dass man Schulen tatsächlich verändern kann.
Bote: Sie haben sich zum Thema Bildung und Schule mehrfach öffentlich zu Wort gemeldet. Was macht für Sie eine optimale Ausbildung aus und wie passt da „Bildung Wächst“ dazu?
Precht: Wir kommen in ein neues Maschinen-Zeitalter, in das zweite Maschinen-Zeitalter. Das ist eine Zeit, in der wir künstliche Intelligenz vielfältig einsetzen. Das wird dazu führen, dass Menschen für andere Qualitäten, nicht alleine für rationale Fähigkeiten, gebraucht werden. Zum Beispiel werden empathische Qualitäten gefragt sein. Der zweite sehr wichtige Bereich, die vorgefundene Arbeit, die wird insgesamt weniger werden und die Arbeit die man sich selber sucht, wird mehr werden in dieser Gesellschaft. Da brauchen wir nicht jemanden der zum Beispiel zur Sekretärin ausgebildet ist und einfach nur Dienst nach Vorschrift macht. In der Arbeitswelt der Zukunft brauchen wir verstärkt Kinder, die starke, reife Persönlichkeiten sind und in der Lage sind, in einer komplizierten Welt, auch einer komplizierteren Arbeitswelt, ihren eigenen Weg zu gehen. Deswegen muss Eigeninitiative, Neugierde, die Fähigkeit, seinen Weg zu gehen im Mittelpunkt der Pädagogik stehen. Und nicht mehr Dienst nach Vorschrift.
Bote: Das Thema Schule und wie man sie besser gestalten kann, ist ein Dauerbrenner in der politischen und gesellschaftlichen Diskussion. In der kleinen Buckligen Welt hat man sich dazu entschlossen, nun tatsächlich etwas anders zu machen. Wie schätzen Sie die Erfolgsaussichten ein?
Precht: Ich glaube, dass die Erfolgsaussichten solcher Projekte sehr gut sein werden. Und ich hoffe auch nach wie vor darauf, dass ein gewisser Dominoeffekt entsteht. So ähnlich wie die eine oder andere sehr gute Schule zu einer Art Musterschule geworden ist, von der man lernen kann, was man anders machen kann. So denke ich, dass es sich auch hier um ein Musterprojekt handelt, von dem viele andere Regionen lernen können. Das ist wahrscheinlich sogar die beste Möglichkeit, wie eine Veränderung der Bildungslandschaft in Österreich oder Deutschland funktionieren kann. Alleine von oben herab, also von der Ebene der Schul- und Bildungsminister, geht das eben nicht.
Bote: Wie sehen Sie die Verbindung durch Schule, Region und vor allem Wirtschaft durch das Engagement der Wirtschaftsplattform Bucklige Welt bei „Bildung Wächst“?
Precht: Wichtig ist bei solchen Projekten, dass möglichst viele an einem Strang ziehen. Und wenn man die Möglichkeit hat, was in der Buckligen Welt ja gegeben ist, dass die Politik, die Wirtschaft und die Schulen an einem Strang ziehen, dann sind das die allerbesten Möglichkeiten die man überhaupt hat. Denn gegen die Wirtschaft und gegen die Politik kann man die Schulen nicht verändern. Aber gemeinsam kann man sich überlegen, wie man die Schulen fit macht für das 21. Jahrhundert. Und dafür ist bekanntlich noch eine Menge Arbeit zu tun.