Johann Ostermann, Obmann der Wirtschaftsplattform Bucklige Welt, sprach mit dem „Boten“ über die Zukunft der regionalen Wirtschaft und welche Rolle die Wirtschaftsplattform dabei einnehmen kann. Foto: Ostermann
Bote: Die Wirtschaftsplattform Bucklige Welt will sich neu aufstellen. Was heißt das?
Wirtschaftsplattform-Obmann Johann Ostermann: Wir wollen schauen, dass sich Unternehmer in der Region mit einbringen. Dass diese – auch als Reaktion auf die Corona-Situation – sagen, wo der Schuh gedrückt hat und welche Veränderungen wichtig sind. Wir wollen also nicht etwas aufsetzen, sondern gemeinsam mit den Unternehmen etwas entwickeln, das uns für die Zukunft wappnet. Wir müssen aus der Vergangenheit auch lernen. Und wir müssen jetzt alle miteinander zusammenrücken
Bote: In welcher Hinsicht ist dieses Zusammenrücken denkbar?
Ostermann: Wir denken da an eine gemeinsame Plattform. Nun ist unser Bestreben, dass dabei auch Unterstützung von Land und Wirtschaftskammer kommt. Dass es eine regionale Plattform gibt, wo man imstande ist, auch regionale Hauszustellung abzuwickeln. Damit wir in der Region sagen können: Wir sind da relativ unabhängig von den Großen und können uns dadurch mehr vernetzen
Bote: An welche Branchen richtet sich diese Idee?
Ostermann: Das betrifft in erster Linie Handel, Gewerbe und Dienstleistung. Natürlich gehören dazu aber auch der Tourismus und die Landwirtschaft. Wir sind in Summe gesehen eine Einheit in der Region und daher müssen wir ein Angebot schaffen, mit dem wir alles abdecken können. Für den Konsumenten ist es wichtig, rasch einen Handwerker zu finden, aber auch regionale Nahrungsmittel, die sogar zugestellt werden. Vieles hat sich in letzter Zeit aus Eigeninitiative entwickelt, da braucht es aber mehr Zusammenarbeit, wie zum Beispiel, dass es in jeder Gemeinde jemanden gibt, der sich um die Bestellungen kümmert.
Bote: Es gab und gibt verschiedene Plattformen, von „Meine Meister“, einem Projekt der Wirtschaftsplattform, bis zur Kulinarik-Initiative „Sooo gut schmeckt …“. Wie soll sich diese neue Plattform davon unterscheiden?
Ostermann: Das ist genau der Punkt, den wir uns auch für unseren Wirtschaftsgipfel (Anm.: am 23. September in Krumbach) vorgenommen haben: Wir wollen die Wirtschaftskammer und das Land mit ins Boot holen. Es geht um ein gemeinsames Pilotprojekt, bei dem wir uns noch anschauen müssen, wie man das aufstellen kann, damit das Sinn hat. Stichwort Online-Einkauf: Es gibt zum Beispiel die Angebote von der Wirtschaftskammer und auch vom Land und um dabei zu sein, müssen Unternehmer ihre Angebote auf beiden Plattformen platzieren – das ist alles zu unübersichtlich. Wir wollen eine regionale zentrale Plattform schaffen. Das muss sich natürlich erst entwickeln. Wir sind in der Region so vernetzt, dass wir, genauso wie Amazon, sehr schnell liefern können.
Bote: Ein regionales Amazon also?
Ostermann: Ein regionales Amazon wäre so eine Idee. Das funktioniert aber natürlich nur, wenn sich alle einbringen.
Bote: Die Bedeutung des regionalen Angebots ist in der Buckligen Welt ja nicht erst seit Corona bekannt. Woran ist eine solche gemeinsame Plattform bisher gescheitert?
Ostermann: Das scheitert daran, dass jeder seine eigene Suppe kocht. An jedem Eck fängt einer an, über ein regionales Angebot nachzudenken. Wir wollen das nun ändern und ein gemeinsames Angebot schaffen. Da ist die Region gefordert, die Gemeinden und die Wirtschaft. Ich glaube, das müsste möglich sein, und ich bin mir sicher, da könnten wir etwas auf die Füße stellen.
Bote: Noch einmal zurück zur Reorganisation der Wirtschaftsplattform: In welcher Form ist da eine Beteiligung der Unternehmer aus der Buckligen Welt denkbar?
Ostermann: Wir laden alle Unternehmer, die Ideen haben, ein, sich einzubringen und mitzuarbeiten. Es reicht schon, wenn man uns ein Mail schickt (wirtschaft@buckligewelt.at). Wir werden die Unternehmer dann einladen, um gemeinsam etwas zu entwickeln. Wir erfinden das Rad nicht neu, sondern wir wollen miteinander etwas schaffen, dass auch von der breiten Masse getragen wird. Und da kann sich jeder einbringen. Nicht nur Unternehmer, sondern auch Private. Der Konsument ist ein wichtiger Faktor.
Bote: Wie kann man sich die neue Organisation der Wirtschaftsplattform vorstellen?
Ostermann: Es geht auch um eine neue Struktur der Wirtschaftsplattform. Wir wollen einen Geschäftsführer installieren. Das hängt dann auch von dem Pilotprojekt, dieser regionalen Plattform, ab. Wir brauchen dann jemanden, der diese Projekte vorantreibt, der dahinter ist und laufend schaut, dass das funktioniert. Nur ehrenamtlich, wie wir das in den letzten Jahren gemacht haben, wird das nicht gehen, obwohl wir in den über 18 Jahren, seit es die Wirtschaftsplattform gibt, durchaus vieles bewegen konnten. Viele Unternehmer haben durch uns bzw. durch unsere Business-Party zusammengefunden. Das Vernetzen ist einer der wesentlichen Punkte. Das trägt Früchte und jetzt wären wir so weit, dass wir den nächsten Schritt machen könnten. Die Organisation soll so sein, dass es einen Vorstand, der die Line mit vorgibt, einen Geschäftsführer und die Unternehmer, die bei den jeweiligen Projekten mitmachen, geben soll.
Bote: Die Unternehmer haben – gerade heuer – schon genug mit dem eigenen Betrieb zu tun. Warum sollten sie sich dann noch zusätzlich in der Wirtschaftsplattform engagieren?
Ostermann: Es ist ein klarer Schritt in die Zukunft. Wir können nicht wieder auf eine Krise warten und aus der Vergangenheit nichts lernen. Wir müssen gemeinsam die Schwächen, die sich durch die Krise gezeigt haben, aufarbeiten und vor allem die Stärken gemeinsam nutzen. Dann ist das eine riesengroße Chance für die Zukunft – damit die Wertschöpfung nicht wegfließt, vor allem nicht international. Damit die regionalen Arbeitsplätze bzw. Lehrplätze abgesichert und neue geschaffen werden können.
Bote: Was sind aus Ihrer Sicht die Stärken der regionalen Betriebe?
Ostermann: Wir in der Buckligen Welt sind schon ein besonderer Menschenschlag. Da gilt etwa noch echte Handschlagqualität. Das sind die Dinge, auf die wir aufbauen können. Auch wenn das Händeschütteln momentan nicht geht. Wir haben ein riesiges Potenzial mit sehr guten und kreativen Unternehmern. Natürlich gibt es auch ein paar schwarze Schafe, aber die gibt es überall. Das Miteinander und die Toleranz sind wesentliche Punkte.
Bote: Wo liegen die Schwächen?
Ostermann: Unsere Schwäche ist, dass wir den bekanntesten Österreicher sehr lieben
Bote: Und zwar wen?
Ostermann: Den Neid. Das ist meiner Meinung nach das Einzige, was man von den Amerikanern lernen kann: Dort freut sich jeder über den Erfolg des anderen.
Bote: Sie haben gesagt, dass auch Ihre Position als Obmann der Wirtschaftsplattform zur Diskussion steht. Wurde das schon ausdiskutiert?
Ostermann: Nein, das ist nun mit drin in diesem Prozess, den wir jetzt anstoßen. Wir sind durchaus interessiert, dass wir neue Leute mit ins Boot holen, die Interesse daran haben, sich einzubringen. Wenn sich dabei jemand herauskristallisiert, ist ein Wechsel an der Spitze sofort möglich. Es ist an der Zeit.
Bote: Sie würden aber auch weitermachen?
Ostermann: Es ist nicht in meinem Sinne, weiterzumachen. Wir wollen gemeinsam eine geordnete Übergabe zusammenbringen. Ich möchte daher die Wirtschaftsplattform zukunftsfit machen. Das heißt, dass junge Unternehmer vorne stehen sollen, weil die jetzt gefordert sind und neue Ideen haben, wie sie ihre Zukunft meistern wollen
Bote: Welchen Zeitrahmen haben Sie sich dafür gesteckt?
Ostermann: Ob das jetzt binnen drei Monaten oder binnen zwei Jahren passiert, spielt keine Rolle. Wie es in einem Unternehmen ist: Ich will eine geordnete Übergabe, damit die Wirtschaftsplattform überlebensfähig ist. Ich denke, dass wir das im nächsten Jahr zustande bringen werden.
Bote: Wie sehen dann Ihre Pläne aus? Sind Sie der Typ, der sich entspannt zurücklehnt und die anderen machen lässt?
Ostermann: Ja doch, das kann ich auch (lacht). Ich habe die letzten Jahre viele Positionen abgebaut. Jene vom Raika-Vorstand oder die in der Wirtschaftskammer. Das ist jetzt meine letzte offizielle Position, die ich gerne abbauen möchte. Ich habe auch bei uns im Unternehmen schon Ideen und Pläne, etwa für Co-Working-Spaces im Bürogebäude der Tischlerei in Wiesmath. In diese Richtung gehen jetzt meine Ideen.
Bote: Werden Sie der Wirtschaftsplattform erhalten bleiben?
Ostermann: Sollte es gewünscht sein, dann nur in beratender Funktion, aber nicht in einer Führungsposition. Junge müssen ihre Ideen selbst umsetzen, da muss nicht immer ein Alter danebenstehen und sagen, wo es langgeht.
Bote: Am 23. September plant die Wirtschaftsplattform einen großen Wirtschaftsgipfel. Was können sich die Besucher davon erwarten?
Ostermann: Wir sind gespannt, was uns die Experten präsentieren werden. Für uns ist es wichtig, dass wir die Unternehmer wieder zusammenbringen. Das schaffen wir auch mit allen Vorsichtsmaßnahmen. Wir hoffen, dass wir bereits im Vorfeld Input von den Unternehmern bekommen. Die Besucher können uns schon vorab unter wirtschaft@buckligewelt.at Fragen schicken, die wir dann den Experten weiterleiten, die uns dann beim Wirtschaftsgipfel Antworten darauf geben sollen. Damit jeder etwas Positives aus dem Treffen mitnehmen kann.