Das Gasthaus mit dem namensgebenden „Weißen Kreuz“. / Foto: Steinbichler
Wenn einer eine Reise tut, braucht er neben einem Fortbewegungsmittel vor allem zwei Dinge: gut ausgebaute Verkehrswege und zwischendurch einen Rastplatz mit Verpflegung. Beides spielt auch auf den Wegen durch die Bucklige Welt seit jeher eine wichtige Rolle. Manche Straßen hatten eine besondere Bedeutung, wie etwa die einst als „Pálffy-Straße“ erbaute heutige Landesstraße B55. Auf ihrer Strecke von Grimmenstein über Kirchschlag bis nach Ungarn warteten zahlreiche Gasthäuser und -höfe auf die Reisenden, darunter auch das derzeit (noch) leerstehende Gasthaus „Weißes Kreuz“.
Die Straße durch das Edlitztal und das Krumbacher Becken bis nach Ungarn ist ein uralter Verkehrsweg. Lange Zeit war er nur ein einfacher Reit- und Fahrweg. Erst die Fürsten von Pálffy – zu deren Besitz die Herrschaft Kirchschlag gehörte – ließen 1695 eine erste befestigte Straße anlegen, die 1815 bis nach Güns (heute Köszeg) verlängert wurde. Die eigentliche „Pálffy-Straße“ wurde 1816–1818 durch Fürst Josef Franz Pálffy erbaut und erschloss damit das lange Zeit abgeschiedene Gebiet der östlichen Buckligen Welt. Für die zunehmende Zahl der Reisenden standen in den größeren Orten oder an neuralgischen Punkten Gasthöfe bereit.
Die vielen Funktionen der Gasthöfe
Die Urform des Gasthofes gab es schon zur Zeit der Römer und ihres gut ausgebauten Straßennetzes. Diese Einrichtung erfüllte viele Funktionen: einerseits die Verpflegung der Reisenden – aber auch ihrer Pferde – mit Speis und Trank. Dazu brauchte jeder Gasthof neben der Gaststube auch Küche und Keller. Andererseits bot ein Gasthof (im Unterschied zum Gast- oder Wirtshaus) auch Zimmer oder Übernachtungsmöglichkeiten an. Das Reisen im Dunkeln war ohne starke Leuchtmittel gefährlich – außerdem brauchten auch die Pferde nach einem Tagesritt ihre Ruhe, mussten mitunter auch ausgetauscht oder um weitere Pferde als „Vorspann“ ergänzt werden. So waren auch Stall und Heuboden für die Tiere wichtiger Bestandteil eines Gasthofes.
Manche Gasthöfe an der Pálffy-Straße gehörten den jeweiligen Herrschaften, manche erlangten besondere Bedeutung: Der ehemalige Gasthof „Schwarzer Adler“ der Herrschaft Krumbach in Edlitz war etwa eine wichtige Haltestation nach einer Tagesreise von Wien in Richtung Ungarn. Schenkt man den Überlieferungen Glauben, so hat die Kaiserin Maria Theresia persönlich öfters auf ihren Reisen nach Ungarn dort übernachtet. Dies wäre ein Grund dafür, dass der Gasthof die besonders seltene „Maria-Theresien-Konzession“ erwarb. Diese Konzession war übertragbar und entspricht der heutigen Gewerbeberechtigung. Der alte Edlitzer Gasthof – zuletzt als „Rosenstingl“ bekannt und lange Zeit leerstehend – musste vor einigen Jahren einer modernen Wohnhausanlage weichen.
Vergangenheit und Zukunft vom „Weißen Kreuz“
Ein anderes ehemaliges Gasthaus der Herrschaft Krumbach steht ebenfalls leer – hat aber bessere Aussichten: das Gasthaus „Weißes Kreuz“ in Krumbach. Der namensgebende Bildstock dürfte schon seit mehreren Jahrhunderten diese wichtige Kreuzung der Wege zwischen Edlitz und Krumbach, Lichtenegg und Zöbern bzw. Aspang markieren. Die Geschichte des Gasthauses lässt sich bis ins Jahr 1854 zurückverfolgen; es wurde danach von verschiedenen Wirten betrieben. Josef Gamauf kaufte das Gasthaus 1918, bis zum Jahr 2000 wurde es von der Familie betrieben. In der Sommerfrische der Nachkriegszeit und noch lange danach bekam das Gasthaus immer wieder prominenten Besuch: Der Wiener Musiker und Austropop-Pionier Georg Danzer kehrte oft im „Weißen Kreuz“ ein. Später folgten verschiedene Pächter – darunter auch Andreas Ottner, der später das Wirtshaus „Krumbacherhof“ aufbaute. Der letzte Pächter ging 2018 in Pension; seither steht das Gasthaus leer.
Im „Weißen Kreuz“ reihen sich typische Räume eines Gasthofs aneinander: die Gaststube mit der alten Schank, um die herum der Boden noch die Abnutzung durch die Stammgäste zeigt eine Veranda und ein Saal. Ein Gewölbekeller und Nebengebäude zur Lagerung von Lebensmitteln, eine Fleischerei und ein Stall gehörten ebenfalls dazu.
Die gute Nachricht: Das alte Gasthaus blickt einer Wiederbelebung entgegen. Vor ein paar Jahren wurde das historische Gebäude von einem Krumbacher mit Gastronomie-Erfahrung gekauft. Das Gasthaus soll modernisiert, die alte Bausubstanz und die schöne Stube erhalten bleiben. Der Zeitplan und konkrete Überlegungen wurden durch die Pandemie und ihre gerade für die Gastronomie schweren Auswirkungen leider ausgebremst. Aber der Eigentümer zeigt sich optimistisch: „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis das Wirtshaus im Stil des ‚alten Gamauf‘ wieder Gäste empfangen kann!“
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