Feldwache des Bundesheeres am östlichen Ortsausgang von Kirchschlag; im September 1921 / Foto: Stadtmuseum Kirchschlag
Kämpfen oder fliehen, Themen die heute – wenn auch nicht bei uns – aktueller denn je sind. Anhand zahlreicher Zeitzeugenberichte und historischer Dokumente lässt sich aber zumindest erahnen, wie groß die Angst und Unsicherheit rund um diesen 5. September 1921 waren. Wir haben einige dieser Schilderungen aus den Archiven zusammengefasst.
Schon vor dem Gefecht war der Aufstand der Freischärler das Thema innerhalb der Bevölkerung. Dass die Gendarmerie- und Zollwacheeinheiten, die von Hochwolkersdorf und Kirchschlag aus das mittlere Burgenland besetzen sollten, aber nur bis Deutsch Gerisdorf kamen, wurde von der Bevölkerung mit Sorge verfolgt – vor allem, da die Banden immer näher kamen. Das später eintreffende Heer wurde einerseits im Gasthaus Kogelbauer untergebracht (das später auch als provisorisches Lazarett genutzt wurde), anderseits in Ungerbach. Einer, der selbst Teil der Geschehnisse zur Zeit des Gefechts wurde, war der Ungerbacher Schulleiter Roman Kühne. Seine Wahrnehmungen hielt er später in der Schulchronik fest. Als das Bundesheer anrückte, „räumten die Knaben selbst die Bänke aus dem Schulzimmer und bald war das Strohlager bereitet“, berichtet er. Kühne half als Ortskundiger schließlich auch dem Heer, den in Lebenbrunn eingeschlossenen Gendarmen den Rückzug nach Ungerbach zu ermöglichen.
In der Schulchronik beschreibt er auch, dass am Tag des Gefechts in Kirchschlag eine regelrechte Flucht einsetzte. Zunächst glaubte man noch an eine Übung, als am frühen Morgen des 5. September Gefechtslärm zu hören war.
Flucht Richtung Westen
Als aber schließlich die ersten Verwundeten eintrafen, setzte in der Bevölkerung Panik ein und die meisten flohen. Aus einem Zeitzeugenbericht von Johann Fruhmann ist zu lesen: „In Wagen und zu Fusz begann die Zivilbevölkerung Kirchschlag in Richtung Westen (Bad Schönau) und Nordwesten (Aigen-Gehring) zu verlassen. Diese Flucht und das Rennen um das nackte Leben war wohl das Traurigste, was unsere Grenzlandbevölkerung seit Menschengedenken erleben muszte.“ Nur ganz wenige Männer blieben zurück, die eine Art Zivilschutz organisierten. Fruhmann schrieb dazu: „Im Markte verblieben nach Schilderungen heute noch lebender Augenzeugen höchstens 50 Bewohner, meist Männer und Burschen.“
Schließlich griff auch das damalige Bundesheer in die Kämpfe ein und nahm die Freischärler vom Tribamer Riegel aus unter Beschuss. Dabei wurde der Anführer der Freischärler getroffen. Eine Handgranate an seinem Gurt explodierte und verwundete ihn schwer. Im Lazarett des Gasthauses Kogelbauer verstarb er schließlich. Am 5. September am frühen Nachmittag war damit das Gefecht von Kirchschlag zu Ende, da die ungarische Hauptkampftruppe den Rückzug antrat. Traurige Bilanz: zehn Tote und 17 Verletzte auf österreichischer Seite und eine bis heute unbekannte Anzahl ungarischer Toter und Verletzter.