Foto: Schwendt

Tagtäglich werden wir vom Aufstehen bis zum schlafengehen bevormundet. Richtig? Wir drehen das Radio auf: ein Programm, das uns glauben lässt, dass wir die Musik, die wir hören, mögen, weil sie im Radio ist. Richtig? Nachrichten, die uns erzählen, was wir hören müssen. Was uns wichtig zu erscheinen hat. Richtig! Auf Spotify, Youtube oder Apple Music wird uns vorgeschlagen, welche Musik zu uns „passt“. Aufgrund irgendwelcher Algorithmen. Natürlich gefällt es uns. Es ist bequem – schließlich muss man sich nun keine Gedanken mehr darüber machen, was einem gefällt. Wer legt sich noch selbst eine Platte oder CD auf? Wer macht sich eine eigene Playlist? Wer spult auf alten Kassetten herum? Wer hat überhaupt noch einen CD-Player? „Deine Filme“ oder „Bücher für dich“ kann man überall lesen. Wie nett von euch. Wir werden durchleuchtet, was mir „eigentlich eh komplett wuascht“ ist, aber dann – was mir nicht egal ist – zwangsbeglückt. Früher konnte man frei entscheiden, in welche Abteilung man im Buchhandel geht. Ebenso bei Singles oder neuen Alben im Plattengeschäft. Wenn das Produkt nun nicht zu mir passt, bekomme ich es gar nicht mit. Moment! Das ist doch viel besser! Ich möchte ja gar keine Katzenfutterwerbung bekommen, das neue XY-Album vom rothaarigen Proleten interessiert mich nicht die Bohne und sportlich bin ich auch nicht, also wozu die Turnschuhanzeige? Jetzt wo ich darüber nachdenke, bin ich sehr froh, in meiner flauschigen Blase wohlig eingebettet zu sein. Zum Glück weiß man da draußen ganz genau, was ich mag. Ist doch perfekt, oder?

Herzlichst, Roman Josef Schwendt
brief@romanjosefschwendt.com