Fritz Geiderer mit seiner „Familienchronik“ / Foto: Rehberger
Ein Gespräch über seine Kindheit mit seinem Sohn brachte für Fritz Geiderer aus Krumbach die Erkenntnis, dass sich die nächste Generation überhaupt nicht vorstellen kann, wie die Kindheit und Jugend in der Nachkriegszeit ausgesehen hat. Also beschloss er – nur für die Familie – ein Buch zu schreiben: „Vom Gemeindekind zum Lehrer“.
Es war zu Weihnachten 2015, als Fritz Geiderer und seine Frau mit ihrem Sohn über ihre Kindheit diskutiert haben. „Da habe ich bemerkt, dass er uns ganz falsch eingeschätzt hat. Er hat geglaubt, uns sei es immer gut gegangen“, so Geiderer. Dabei hatte er die Nachkriegsjahre mit seiner Familie und damit die ersten 20 Jahre seines Lebens ganz anders erlebt.
Nach diesem Gespräch hat er daher beschlossen, seine bewegte Geschichte aufzuschreiben. Fünf Jahre hat er an dem Buch gearbeitet, um es seinem Sohn heuer schließlich zu dessen 50. Geburtstag zu überreichen.
Seine Lebensgeschichte hat er in die wichtigsten Passagen seines Lebens aufgeteilt. Los geht es in ganz jungen Jahren, als seine Mutter auf tragische Weise starb. Da war Fritz Geiderer gerade einmal drei Jahre alt. Er erzählt von seiner Kindheit im Gemeindehaus in Krumbach, mitten im Ortszentrum und davon, als sein Vater im Jahr 1950 damit begonnen hat, in der Pfarrsiedlung ein Haus zu bauen, dasselbe Haus, in dem Geiderer noch heute lebt. „Man darf sich das Haus allerdings nicht so vorstellen, wie man das heute bauen würde. Da gab es noch kein Badezimmer oder eine Toilette im Haus“, erklärt Geiderer.
Ein weiteres großes Kapitel widmet sich seiner Zeit als Halterbub. Im Alter von zehn Jahren kam er erstmals zu einem nahegelegenen Bauernhof, um in der Landwirtschaft zu arbeiten. Bis zu seinem 18. Lebensjahr arbeitete er regelmäßig mit, nach der Schule, in den Ferien und immer dann, wenn es zeitlich möglich war – ein Abschnitt seines Lebens, mit dem er aber auch schöne Erinnerungen verknüpft: „Wir waren echte Naturburschen!“
Geiderer-Festspiele und Weihnachtsschokolade
Eine große Zäsur war sein Wechsel aufs Gymnasium mit einem durchstrukturierten Tagesablauf. Zunächst ging er nach Sachsenbrunn, mit 16 wechselte er auf eigenen Wunsch ins Gymnasium Frauengasse (heute Babenbergerring).
Eine Passage seiner „Familienchronik“ beschäftigt sich mit dem Fußball, der in Geiderers Leben eine große Rolle spielte. Dabei erinnert er sich beispielsweise an die „Geiderer-Festspiele“, als die drei Geiderer-Brüder in der Krumbacher Mannschaft Lanzenkirchen 9:1 besiegt haben. Auch seine Zeit als Musikant lässt er in dem Buch Revue passieren. Eine besondere Rolle in seinem Leben spielte Geiderers ältere Schwester Herta, die für den kleinen Fritz zu einer Art Mutterersatz wurde; und die so manche Streiche von ihm erlebt hat. So erinnert sich Geiderer etwa an eine Begebenheit rund um Weihnachten: „Nach dem Krieg gab es in unserer Gemeinde sehr viele recht arme Arbeiterfamilien; wir waren da keine Ausnahme. Trotzdem versuchte Schwester Herta, wenigstens zu Weihnachten etwas Köstliches servieren zu können. Christbaumschmuck und Naschereien waren sehr teuer, für den Christbaum gab es nur ganz wenige erlesene Schokoladestückchen und einige Kugeln, dazu etwas Lametta. Weil wir Kinder alle gerne naschten, bereitete Herta eine „Eisschokolade“ zu. Die Zutaten waren recht einfach und auch nicht zu teuer, nämlich Kokosfett, Kakaopulver und Staubzucker. Die erhitzte Masse wurde in Formen geleert und kühl gestellt, bis sie fest war. In Ermangelung eines Kühlschranks verwendete Herta zum Abkühlen der Masse den riesigen Schneehaufen, der im Hof neben unserer Aufgangsstiege lag. Als ich das nach einiger Zeit entdeckt hatte, konnte ich der Versuchung nicht widerstehen und aß – nein „mampfte“ – gierig die meisten Stückchen weg. Von Schwester Herta gab es wieder die übliche Strafe – für einige Zeit ab auf den finsteren Dachboden. Für eine weitere Ladung Eisschokolade war natürlich kein Geld vorhanden, sodass wir für den Christbaum nur mehr wenige Stücke übrig hatten.“
Das Buch endet mit Geiderers Dienstantritt als Lehrer in Hochneukirchen, später war er Hauptschuldirektor in Wiesmath und bis zu seiner Pensionierung in Krumbach.