Im Rahmen des Wirtschafts-empfangs in Krumbach über-gab Johann Ostermann nach 19 Jahren an der Spitze der Wirtschaftsplattform die Obmannschaft an Josef Pürer / Foto: Rehberger
Vor 19 Jahren wurde die Wirtschaftsplattform Bucklige Welt als eines der ersten Leader-Projekte der Region ins Leben gerufen, um die Wirtschaft zu stärken und zu vernetzen. Mittlerweile ist daraus ein eigenständiger Verein geworden, der für die Region bedeutende Projekte umsetzen konnte. Von der ersten Stunde an dabei ist der Kirchschlager Unternehmer Josef Pürer, der Ende Oktober das Amt des Obmanns von Johann Ostermann übernommen hat. Dem „Boten“ verriet er, wie es nun mit der Wirtschaftsplattform weitergeht.
Bote: Sie sind der neue Obmann der Wirtschaftsplattform, nachdem Johann Ostermann 19 Jahre das Amt innehatte. Wie ging der Wechsel vonstatten?
Josef Pürer: Die letzten beiden Jahre haben wir versucht, einen neuen Vorstand aufzubauen und in diesem Prozess einen Generationenwechsel herbeizuführen. Ich selbst bin auch schon 19 Jahre dabei. Ziel war es, einen guten Übergang zu schaffen, aber niemand hat sich gemeldet, um die Obmannschaft zu übernehmen. Nach langen Überlegungen und nachdem ich in der Wirtschaftsplattform bereits vieles umgesetzt habe, erklärte ich mich dazu bereit, die Obmannschaft zu übernehmen. Aber: Wir laden alle Unternehmer, alle Menschen der Region dazu ein, mitzuwirken. Jeder ist herzlich willkommen, bei uns dabei zu sein und Projekte voranzutreiben.
Bote: Sie sind seit fast 20 Jahren Teil der Wirtschaftsplattform und haben sich die Entscheidung, die Obmannschaft zu übernehmen, nicht leicht gemacht. Haben Sie geglaubt, es käme ein besserer Kandidat?
Pürer: Ja! Vielleicht nicht besser, aber 19 Jahre sind eine lange Zeit. Was nicht heißen soll, dass das Feuer in mir für die Region nicht weiter lodern würde. Auch an guten Ideen mangelt es nicht, die ich gemeinsam mit dem neuen Vorstand umsetzen will. Aber ich habe für mich gesagt: Ich bin kein Sesselkleber, wenn es frische Ideen und Persönlichkeiten gibt, die die Aufgabe übernehmen wollen, dann wäre das okay gewesen. Ich möchte etwas für die Bucklige Welt bewegen und das ist in den letzten 19 Jahren gut gelungen – etwa mit „Bildung wächst“, Lehre mit Matura, dem Buckltaler und vielem mehr – das Rampenlicht habe ich nicht gesucht.
Bote: Wie wird sich die Wirtschaftsplattform nun entwickeln?
Pürer: Wir kürzen Wirtschaftsplattform mit WPF ab. Diese drei Buchstaben stehen auch für unsere drei Schwerpunkte. W für Werbung, also die Bucklige Welt-Wirtschaft nach außen zu transportieren, P steht für Projekte initiieren durch das Netzwerk, das wir haben, beispielsweise „Mei liabste Weis“, ein Projekt, das die Bucklige Welt über die Region hinaus bekannt macht. Das wurde von mir bzw. der Wirtschaftsplattform initiiert und wir arbeiten mit regionalen Akteuren, etwa der Stadtgemeinde Kirchschlag oder der Pfarre und der Region, zusammen. Das F steht für „Fairnetzung“ also eine faire Vernetzung – die Ur-Aufgabe der Wirtschaftsplattform, die heimischen Unternehmer zusammenzubringen, Veranstaltungen zu organisieren, um Experten-Inputs in die Region zu bringen wie zuletzt mit Tristan Horx beim Wirtschaftsempfang im Oktober. Es waren aber auch schon Persönlichkeiten wie Markus Hengstschläger oder Richard David Precht auf Einladung der Wirtschaftsplattform in der Region und diese haben wiederum Impulse für die regionalen Unternehmer gebracht.
Bote: Stichwort „Bildung wächst“: Wie geht es da weiter?
Pürer: „Bildung wächst“ wird garantiert fortgesetzt. Klar ist: Wir haben ganz große Ziele, das Bildungssystem von außen zu unterstützen. Wir werden auch weiterhin Projekte initiieren und da ziehen Pädagogen, Direktoren, Elternvertreter, Wirtschaft und Region an einem Strang. Die Veränderung kann nur von der Basis kommen und es gibt bereits neue Ideen und Projekte. Eines davon ist etwa psychologischer Natur, um das ganze Thema Corona und Schulen zu behandeln. Außerdem gibt es ein Projekt, in dem wir Schüler im Rahmen eines Unternehmerwettbewerbs motivieren, ihre Ideen einzubringen und Vorschläge zu machen für Unternehmen, die es in der Region braucht.
Bote: Sie haben die Einladung an die regionalen Unternehmer ausgesprochen, bei der Wirtschaftsplattform mitzumachen. Was haben diese davon?
Pürer: Wenn Unternehmer Ideen haben, können Sie an uns herantreten, können in den Vorstand kommen oder auch Teil des Beirats sein, den wir auch installieren wollen, und dann werden wir schauen, wie diese Vorschläge umsetzbar bzw. finanzierbar sind. Man hat bereits in den letzten 19 Jahren gemerkt: Jene, die bei uns mitmachen, bei denen merkt man das Herzblut für die Region. Und das ist es, worum es geht.
Bote: Der Erneuerungsprozess in der Wirtschaftsplattform wurde vor rund zwei Jahren gestartet, inklusive dem Aufruf nach neuen Ideen. Haben Sie welche erhalten?
Pürer: Ja, da kamen gute Ideen, auch von jungen Unternehmern. Die wichtigste Aufgabe ist jetzt, den Vorstand der Wirtschaftsplattform so aufzustellen, dass es eine „schlagkräftige“ Truppe gibt. Und hier gibt es bereits zwei, die sich dazu bereit erklärt haben, mitzuwirken: Andreas Picher und Gerald Schwarz. Mit denen bzw. dem neuen Vorstand werde ich diese Zukunftsthemen abstimmen.
Bote: Welche Themen sind von den regionalen Unternehmern besonders gefragt?
Pürer: Ein aktuelles Thema sind die heimischen Fach- und Arbeitskräfte. Da haben wir mit „Lehre mit Matura“ ein Angebot in der Region geschaffen, um zukünftige Fachkräfte in der Buckligen Welt zu halten. Viele Eltern sagen: „Wir wollen, dass es die Kinder einmal besser haben“, und drängen dazu, dass die Kinder weiter in die Schule gehen. Auch wenn sie dazu vielleicht nicht geeignet sind. Mit „Lehre mit Matura“ in der Buckligen Welt haben wir ein „Mittelding“, das heißt, die Jugendlichen ergreifen einen Lehrberuf, also eine vollständige Berufsausbildung, und dennoch stehen ihnen alle Möglichkeiten offen. Dieses zusätzliche Angebot für junge Menschen ist nicht nur gut für den Lehrling und für die Wirtschaft, sondern er ist dann als gut ausgebildete Fachkraft am richtigen Platz, nämlich bei uns in der Region. Fachkräfte verdienen heute mehr als viele Akademiker. Das wird für uns das große Thema sein: zu zeigen, dass diese bessere Ausbildung tolle Chancen bietet. Diese Absolventen werden mit offenen Armen aufgenommen, egal, wo sie hingehen.
Bote: Bevor man sich für eine Lehre mit Matura entscheidet, müssen junge Menschen überhaupt wissen, welche Ausbildungsangebote es in der Region gibt. Welchen Beitrag leistet die Wirtschaftsplattform dazu?
Pürer: Wir haben vor 15 Jahren mit dem Projekt „Schule trifft Wirtschaft“ begonnen, das bis heute veranstaltet wird. Um genau das zu erreichen: dass die Schüler sehen, welche Betriebe es in der Region gibt und welche Ausbildungen man machen kann. Wir stehen in regelmäßigem Kontakt mit den Lehrern für Berufsorientierung. Wir haben ein eigenes Projekt mit den Schulen, wo wir vor Ort die regionale Wirtschaft, aber auch einzelne Betriebe vorstellen. Das Thema ist eher, dass zu wenige Jugendliche daran interessiert sind, einen Lehrberuf zu ergreifen.
Bote: Sie haben den Buckltaler als eines der Projekte angesprochen. Und Sie betonten, dass die wichtigste Aufgabe darin besteht, Unternehmer zu vernetzen. Nun gibt es mit jelo.at von Raiffeisen Region Wiener Alpen ein großes Projekt, das genau in diese Richtung geht. Neben einer Unternehmer-Plattform wird es auch eine regionale Cashback-Karte geben, die den Konsumenten Vorteile verspricht, wenn sie regional kaufen. Sehen Sie das als Konkurrenzprodukt oder gibt es Anknüpfungspunkte?
Pürer: Wir sind in regem Austausch mit Raiffeisen und finden diese Initiative gut. Das ein oder andere werden wir vielleicht auch unterstützen. Wir haben selbst über ein solches Projekt nachgedacht, doch das Problem sind immer die Umsetzung und die Finanzierung. Grundsätzlich finden wir das gut, was Raiffeisen da macht. Ob es Synergiemöglichkeiten gibt, wird sich zeigen. Wir sehen das auch nicht als Konkurrenz, sondern finden jede Bestrebung, die es gibt, um die regionale Wirtschaft zu stärken, wichtig. Der Buckltaler hat die Aufgabe, die Region bekannt zu machen und das Bewusstsein dafür zu schaffen, dass, wenn ich den Buckltaler hier ausgebe, ich nicht nur Wertschöpfung in der Region, sondern auch Arbeitsplätze generiere. Wenn es mit jelo da ein weiteres Angebot gibt, dann ist das nur zu begrüßen.
Bote: Beim Wirtschaftsempfang gab Tristan Horx Einblick in eine Studie, die sich mit den Auswirkungen von Corona – auch auf den Wirtschaftsbereich – befasst hat. Welche Erkenntnisse haben Sie aus seinem Vortrag mitgenommen?
Pürer: Horx hat bestätigt, dass Regionen wie die unsere klare Gewinner der Krise sind. Die Bucklige Welt, die sehr gewerbelastig ist, profitiert besonders. Wir stehen in regem Austausch mit den Betrieben und wissen daher, dass viele volle Auftragsbücher haben und das auch in Zukunft wohl so bleiben wird. Horx hat aufgezeigt, dass der Wechsel von dem urbanen Leben hin zum ländlichen Raum ein starkes Thema ist, wie man auch anhand dieser Studie gesehen hat. Die Lebensqualität am Land ist größer und das kommt uns, der Wirtschaft in der Region, jetzt sicher zugute.
Bote: Der neue Vorstand der Wirtschaftsplattform formiert sich, mit Picher und Schwarz haben Sie zwei neue Namen genannt, bestehende Mitglieder bleiben. Was auffällt: Frauen finden sich in dieser Liste nicht. Wie werden Sie in Zukunft Unternehmerinnen an Bord holen?
Pürer: Ich bin bereits dabei, Unternehmerinnen laufend zu kontaktieren. Es ist aber eine Herausforderung und ich kann nur appellieren: Bitte meldet euch! Es ist mir ein großes Anliegen, dass auch Unternehmerinnen bei uns zu Wort kommen und Ideen einbringen. Ich bin überzeugt, dass ein solcher Verein unbedingt Frauen braucht, weil sie einen essenziellen Beitrag leisten. Wir sprechen ja nicht nur für Männer, sondern für alle Unternehmerinnen und Unternehmer der Region.
Bote: Die Business-Partys als jährliche Vernetzungstreffen bleiben bestehen?
Pürer: Wenn es jetzt ein neues Team gibt, kann auch dieses Konzept eine Erneuerung erfahren. Wir haben ein paar kreativere Ideen; ich will aber dem neuen Vorstand nicht vorgreifen, das werden wir gemeinsam umsetzen. Ich möchte mich besonders beim gesamten Team für den Einsatz in den letzten 19 Jahren bedanken, insbesondere bei Hans Ostermann und Johanna Ponweiser.