Aus der Topothek: Die ehem. Tankstelle in Hochneukirchen im Dezember 1978 / Foto: Markus Wieser
Mit der Topothek werden historische Gemeinde-Aufnahmen digitalisiert und damit leichter zugänglich gemacht, um nicht in Vergessenheit zu geraten. Jüngstes Beispiel ist die Gemeinde Hochneukirchen-Gschaidt.
Die erste Hutwischwarte um 1900, das Dobler-Kreuz in Züggen im tief verschneiten Februar 1988, die Kirchturmsanierung 1983 oder alte Schulfotos aus den 1930er-Jahren – all das ist wichtiger Teil der Gemeindegeschichte von Hochneukirchen-Gschaidt. Das Wissen darüber bewahren im Ort bislang wenige Menschen, allen voran Markus Wieser. Jetzt erhält auch eine breite Öffentlichkeit Zugang zu den Bildern dieser Geschichte.
Möglich macht das die Topothek, die sich im Laufe der vergangenen zehn Jahre zu dem regionalhistorischen Nachschlagewerk für die Sicherung und Sichtbarmachung von privatem, aber zugleich historischem Material entwickelt hat. Gegründet wurde die Plattform von dem in Katzelsdorf lebenden Alexander Schatek im Jahr 2010, als er selbst versuchte, private Aufnahmen nachhaltig zu digitalisieren. Ein Freund half ihm beim Programmieren der Plattform, auf der heute Gemeinden gegen einen kleinen Jahresbetrag ihre historischen Bilder sichern können.
Wir denken in Bildern
Das Geheimnis der Topothek ist die sogenannte Verschlagwortung; Schatek erklärt: „Der suchende Mensch denkt immer in Bildern und nicht in Begriffen.“ Dieser Gedanke sei ausschlaggebend für die Entstehung der Topothek gewesen, „Die Topothek ermöglicht es jedem und jeder, diese Bilder leicht zu finden“, meint der Gründer.
In den teilnehmenden Gemeinden sind eigene Topothekare für die Digitalisierung der ortshistorischen Bilder verantwortlich. In Hochneukirchen-Gschaidt hat sich beispielsweise ein kleines Team gefunden. Ernst Osterbauer, Karl Lackner, Rudolf Milchrahm, Edith Wieser-Mayrhofer, Friederike Gamperl, Tobias Höller und kurzfristig auch die Ferialpraktikantin am Gemeindeamt, Nina Binder, halfen tatkräftig mit, Markus Wiesers Fotos, Niederschriften, Handwerksobjekte oder auch eine Insektensammlung für den Start der Topothek zu digitalisieren.
Wie in Hochneukirchen-Gschaidt gilt aber auch in anderen Gemeinden, die eine Topothek haben – beispielsweise Lanzenkirchen, Katzelsdorf oder Bad Erlach – dass die Mithilfe aller Bürgerinnen und Bürger gefragt und gewollt ist. Wo historisches Material vorhanden ist, können Topothekare informiert werden. Das Material wird digitalisiert und so für die Nachwelt gesichert. Dadurch erhält das Aufbereiten der Topothek-Inhalte auch einen interessanten sozialen Aspekt. Vielfach kommen so Menschen miteinander in Kontakt, die sonst vielleicht nicht ins Gespräch kommen würden – gleichzeitig wird der Informationsaustausch angeregt und wertvolles Wissen weitergegeben.
Bildungsprojekt
Für Schatek ist „seine“ Topothek nicht zuletzt deshalb ein „längst notwendiges Bildungsprojekt“. Und apropos Bildung: Zwar hat die Plattform insgesamt mittlerweile mehr als eine Million Einträge in den Orts-Topotheken aus Österreich (hauptsächlich Niederösterreich) und auch dem Ausland – am Ziel sieht sich Schatek aber noch lange nicht. Die Zukunftsvision des Katzelsdorfers? „Mir würden vor allem Workshops in Schulen sehr gut gefallen, da ich es wichtig finde, junge Menschen für das Thema Geschichte zu sensibilisieren.“ Die Topothek sieht er als Werkzeug, das durchaus der Lebensrealtität heutiger Jugendlicher entspricht. „Was unsere Lehrer uns früher in Form eines Rundgangs im Ort zeigten, könnte heute die Topothek leisten“, meint Schatek.
In den Topotheken finden sich nämlich nicht nur alte Bilder, sondern auch Dokumentationen aus der Gegenwart. Das Ortsbild von heute, Festveranstaltungen, Corona-Maßnahmen und vieles mehr finden ihren Platz, um das Gemeindeleben im Laufe der Zeit zu dokumentieren. Schatek ist überzeugt: „Die Bilder von heute erzählen die Geschichte von morgen“.