Pfarrer Raimund Beisteiner und Bgm. Erich Rasner vor dem Jesukind / Foto : Marktgemeinde Wiesmath
In der Buckligen Welt befinden sich zahlreiche Marterl und geschichtsträchtige Kirchen – so viele, dass sogar eine eigene Wehrkirchenstraße entstanden ist, die man mit dem Rad oder mit dem Auto erkunden kann. Doch auch viele Namen von Gemeinden haben etwas mit deren Kirchen zu tun, so gibt es in Kirchberg eben zwei Kirchen am Berg. Auch in Wiesmath gibt es eine Geschichte über einen Kirchenbau, der die Gemeinde ihren Namen verdankt.
Dort, wo heute die Kirche der Marktgemeinde Wiesmath steht, war einst eine große Wiese. Ein Bauer mähte diese regelmäßig. Eines Tages stieß er mit seiner Sense auf einen harten metallischen Gegenstand. Er fürchtete um seine Schneid’ und glaubte, einen Stein er-wischt zu haben. Doch als er die Sense begutachtete, konnte er keine einzige Scharte an der Sensenklinge feststellen.
Anstatt des Steines entdeckte er eine wunderschöne geschnitzte Figur eines Jesukindleins. So etwas Schönes hatte er noch nie gesehen und er nahm sie mit heim.
Die Nachricht von dem kostbaren Fund verbreitete sich in Windeseile und Alt und Jung eilten herbei, um die schöne Schnitzerei zu sehen. Die frommen Bewohner sahen es als Zeichen des Himmels an, der das Wunder geschehen ließ, damit endlich mit dem Bau einer schon lange geplanten Kirche begonnen würde.
Figur kehrt zur Fundstelle zurück
Das gefundene Kleinod wurde inzwischen im Rahmen eines feierlichen Umzugs auf den Treitlerriegel, wo die Kirche erbaut werden sollte, gebracht. Doch am nächsten Tag war sie verschwunden. Zuerst dachte man an freche Diebe, doch die alte Ostermann-Miazl meinte: „Wo wird das Kindl wohl sein, dort auf der Wiese, wo es gefunden wurde.“ Niemand wusste etwas Besseres und so folgte man dem Rat der Alten. Wie staunten die Bewohner, als sie das Jesukind tatsächlich dort entdeckten. Nun war klar, dass die Kirche hier an der Fundstelle errichtet werden musste. Nach Vollendung des Baus bekam das holzgeschnitzte Jesukindlein einen Ehrenplatz auf dem Hochaltar. Noch heute ist es gut erhalten dort zu sehen. An der Stirn des Kindleins sind noch die Abschürfungen zu sehen, die von dem Sensenhieb des Mähers herrühren sollen. (Quelle: Sagen aus der Buckligen Welt von Wolfgang Haider-Berky)
Namensgebung
Der bisher namenlose Ort wurde, weil das Jesuskindlein bei der „Wiesmahd“ gefunden wurde, zur Erinnerung an diese Begebenheit „Wiesmath“ genannt.
Der Ort wurde übrigens 1360 das erste Mal urkundlich erwähnt. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts war Wiesmath schon Markt mit Pfarre und Pfarrkirche. Während der Türken- und Kuruzzenbedrohung wurde die Kirche zu einer stattlichen Wehrkirche ausgebaut (Wehrmauern, Graben und Zugbrücke). Im Kircheninneren sind bis heute bedeutende Fresken aus dem 15. Jahrhundert zu sehen.
Jesukind im Glasschrein
Doch ganz so, wie es in der Legende steht, dürfte es in Wirklichkeit doch nicht sein abgelaufen sein. Denn Dorfpfarrer Raimund Beisteiner weiß: „Das 40 Zentimeter große Jesukind, das in einem beleuchteten Glasschrein hinter dem Hochaltar steht, stammt eigentlich aus der Barockzeit (ca. 1750), ist vergoldet mit einer Krone samt Kreuz und hält die Erdkugel, ebenfalls mit einem Kreuz in der Hand. Es stellt Christus als Erlöser schon als Kind dar“, so der Pfarrer und meint weiter: „Das Original dürfte wohl irgendwann zerbröselt sein.“ Trotzdem sind die Spuren der Sense zu sehen, also dürfte es originalgetreu erneuert worden sein.
Was den Pfarrer besonders freut: „Dieses Jesukind aus dem Mittelalter erzählt so wie das Fresko in der Kirche, das 1938 freigelegt wurde, die Weihnachtsgeschichte. Das Fresko wurde 1997 restauriert und stellt Maria, Josef und das Jesukind sowie die Heiligen Drei Könige dar. In vielen Kirchen in der Buckligen Welt findet man dieses Motiv. Ich schätze es sehr, dass schon seit dem Mittelalter das Jesukind verehrt wird.“
Und ob die Holzfigur nun original oder etwas jünger ist – die Geschichte, wie Wiesmath zu seinem Namen kam, ist in jedem Fall etwas Besonderes.