Burgenreich wacht der Kulmriegel übers Pittental / Foto: Markus Steinbichler

Es gibt in der Buckligen Welt – im „Land der 1.000 Hügel“ – einen Buckel, der so ganz anders als die 999 übrigen aussieht: Der Kulmriegel bei Grimmenstein – 758 Meter hoch und auffallend kegelförmig – zog womöglich schon vor Tausenden von Jahren Kelten, Römer und im Mittelalter die Burgherren zu Grimmenstein in seinen Bann. Heute locken unberührte Natur, zahlreiche verzauberte Orte und ihre Geheimnisse Groß und Klein zu dem beliebten Ausflugsziel.

Man kann viele Quellen bemühen, um etwas über den majestätisch über dem Pittental wachen-den Kulmriegel zu erfahren: Fragt man eine der größten Suchmaschinen im Internet, so bezeichnet diese den kegelförmigen Buckel sachlich-nüchtern als „geografisches Objekt“. Dies ist er aber auch unbestritten, denn kaum ein Hügel der Buckligen Welt ist so unverkennbar wie der Kulmriegel: Über Millionen von Jahren hat ihn das Wasser von drei Seiten aus dem Gelände „geschliffen“: im Norden der Bach im Grübgraben, im Süden jener im Eben-, später Kunstgraben und im Osten die Pitten. Die perfekte Kegelform ist daher auch am ehesten vom Pittental aus zu bewundern, denn im Westen ist der Kulmriegel relativ gleichmäßig mit dem Höhenrücken bei Eben verbunden. Doch so sanft geböscht dieser Buckel aus der Entfernung betrachtet auch wirken mag – er hat es ganz schön in sich.
Denn im Kern besteht er aus Triaskalk, und an manchen Stellen ragt dieser auch in Form mächtiger Felstürme und -wände aus dem Waldboden auf. Besonders beliebt sind diese bei Sportkletterern, wovon viele Kletterhaken und Routenbeschriftungen auf den Felsen zeugen. Das poröse Kalkgestein und das ewige Arbeiten des Sickerwassers haben dazu geführt, dass es rund um den Kulmriegel auch mehrere Höhlen gibt. Viele davon sind schlotartig, eng oder niedrig und somit nur auf dem Bauch „erkriechbar“, andere wiederum sind erstaunlich geräumig, wie etwa die Gratzerhöhle, mit einer Länge von 52 und einer Tiefe von acht Metern die wohl größte Höhle am Kulmriegel.

Mystische Kultplätze und der mysteriöse Entweg

Der imposante Kegel des Kulmriegels dürfte Menschen schon seit Urzeiten fasziniert und angezogen haben. Nachweisbar ist dies unter anderem an einer der vielen Höhlen: Die Kulmriegelhöhle ist heute gemeinhin als „Grotte“ bekannt, denn in der großen Halbhöhle steht eine Marienstatue. Mit Altar und Sitzbänken dient der magische Ort immer wieder als Andachtsstätte. Dass die Höhle diese Funktion bereits in grauer Vorzeit schon innehatte, ist naheliegend: Ein Durchkriechstein an einem der Höhlengänge spricht dafür. Hier wurden früher auf allen vieren Leiden wie Kreuzweh am Fels abgestreift. Vorchristliche Kultplätze wurden später auch oft vom Christentum übernommen und mit Kreuzen und Heiligenfiguren ausgestattet. Eindeutigere Belege für die frühe Nutzung der Höhle sind hier entdeckte Keramikfunde aus der Römerzeit und dem Mittelalter.

Knapp unterhalb der Grotte führte auch der sogenannte „Entweg“ vorbei – ein immer auf gleicher Höhe von ungefähr 580 Metern verlaufender Weg, der aus dem Feistritztal über das Pitten- und Hassbachtal bis ins Schwarzatal führte. In Summe über 100 Kilometer (!) lang und mehrere Burgen und andere mystische Orte wie den „Hohlen Stein“ bei Witzelsberg verbindend, ist sein ursprünglicher Zweck bis heute unklar. Erstmals urkundlich erwähnt wurde der Weg im Jahr 1144 als „Anitskenweg“, was in etwa „alter Weg“ bedeutet – er war also damals schon vor langer Zeit angelegt worden.

Der Zweck dieses schier endlosen Horizontalweges hat schon viele Heimatforscher beschäftigt. Die Theorien reichen von einem Kult- oder Prozessionsweg der Kelten entlang mehrerer Kultplätze über einen befestigten Limes- oder Grenzweg der Römer bis hin zu nüchternen Funktionen wie Holzbringung. Jüngsten archäologischen Untersuchungen im römischen Goldbergbaugebiet „Im Karth“ zwischen Schwarza- und Pittental zufolge diente der Entweg als ausgeklügeltes Bewässerungssystem zum Goldwaschen.

Die drei Burgen Grimmenstein auf dem Kulmriegel

Auf einem der bereits erwähnten Kalkfelsen steht auch das Wahrzeichen des Kulmriegels – die weithin sichtbare hell aus dem tiefgrünen Wald blitzende Burg Grimmenstein. Wobei man eigentlich präziser Vordergrimmenstein sagen muss, denn rund um den Kulmriegel gab es sage und schreibe drei „Burgen Grimmenstein“.

Als Gründungsburg wird die Festung Hochgrimmenstein (auch Windberg genannt) angenommen, die um 1200 mit Turm, Palast und ummauertem Hof auf dem Gipfelfelsen errichtet wurde. Mauerreste, vor allem des Bergfrieds, sind heute noch zu sehen, ebenso Reste des Ringwalls und des Grabens im Waldboden rund um die Festung. Die Fernwirkung dieser Stammburg der Herren von Grimmenstein auf der Kulmriegelspitze muss beeindruckend gewesen sein.

Eine ähnliche Anlage mit umlaufender Burgmauer wurde später errichtet, allerdings verborgen am Ende des Kunstgrabens (und somit wieder direkt am Entweg): Burg Hintergrimmenstein oder auch Kleinberg genannt. Die bekanntere Burg Vordergrimmenstein dürfte aus dem späten 12. Jahrhundert stammen, sie war sogar die kleinste dieser drei Anlagen. Nach dem Verfall zur Ruine wurde sie in den 1960er-Jahren vom Neunkirchner Baumeister und Heimatforscher Johann Rigler wieder als Schauburg aufgebaut.
Heute lädt samstags und sonntags ein echter Burgherr dazu ein, seine Burg im Rahmen von Führungen zu erkunden, sich in der Taverne nach einer Wanderung auf den Kulmriegel zu stärken und auf der wunderbaren Aussichtsterrasse den Blick über das Pittental und die Hügel der Buckligen Welt schweifen zu lassen.

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Fotos: Markus Steinbichler