Inge Weik bei einem ihrer Besuche in Albanien mit einer jungen Mutter, deren Lebensgrundlage durch die Projektfarm in Romanat gesichert werden konnte / Foto: Verein für unsere Welt
Vom Schöpfungsweg bis zur Albanienhilfe steht beim „Verein für unsere Welt“ eine ganzheitliche Wertevermittlung im Vordergrund. Und im Hintergrund wirkt jede Menge freiwilliges Engagement.
Handschuhe, Hauben, Jacken: Petra Schmidt sortiert aus. Die ausgediente, aber noch gute Winterkleidung der eigenen Kinder, Sachen, die die katholische Religionslehrerin selbst kaum trägt, aber auch Dinge, von denen sie sich nur schwer trennen kann, liegen vor ihr ausgebreitet: bereit, in Kartons – sortiert nach Männer-, Kinder- und Frauenkleidung – verpackt zu werden. Bereits Ende August bereitete sich die Schwarzauerin auf das Spendenprojekt vor, das sie bis Anfang Dezember mit ihren Schülern im Bezirk Baden auf die Beine stellen will. Wie in den vergangenen Jahren will sie auch heuer „Weihnachtspackerl mit Herz“ an den „Verein für unsere Welt“ von Inge Weik aus Pitten weitergeben.
„Ich unterstütze diesen Verein, weil ich hier wirklich weiß, dass die Hilfe ankommt“, zeigt sich Petra Schmidt überzeugt. Ihre Pakete gehen an die Schwerpunktaktionen des Vereins in Albanien und Südungarn. Menschen, die dort in den prekärsten Umständen leben, erhalten Sach- und Geldspenden, von Kleidung über Lebensmittel bis hin zu Möbeln und Arbeitsmitteln, um sich trotz Notlage in ihrer Heimat eine Lebensgrundlage aufbauen zu können.
Bewusstseinsbildung für jedes Lebensalter
Petra Schmidt ist ein Mosaikstein im großen Netzwerk, das sich in den vergangenen 25 Jahren rund um Inge Weik und den schließlich im Jahr 2000 als „Kinder-Jugend-Kreis“ gegründeten Verein gebildet hat. Die Soforthilfe für finanziell schwache Menschen in Österreich, Albanien und Südungarn entwickelte sich in den ersten Jahren rasch weiter, 2013 wurde der Verein zum „Verein für unsere Welt“, mit einem klaren Bekenntnis „zur Wertschätzung der Schöpfung des Lebens“.
„Es geht nicht nur ums Spendensammeln“, sagt Inge Weik. Konkret will sie ein Bewusstsein für ein ganzheitliches Denken vermitteln, und das bereits bei den Jüngsten: „Wir haben viele Projekte mit Kindergärten und Schulen“, erzählt sie. Dass sich ihr Verein einmal so lebendig entwickeln würde, habe sie selbst nie geplant. „Es ist wie eine Fügung“, sagt die 71-Jährige.
Eine Fügung, in die Weik viel Energie und auch Kraft investiert. Ihre eigenen gesundheitlichen Probleme stellt sie dabei hintan. Ihr ganzes Leben hat sie schon mit spastischen Schwierigkeiten zu tun. Einschränken will sie sich dadurch nicht lassen. Selbst im Mittelpunkt stehen möchte sie ebenfalls nicht. Sie zieht die Fäden in gewisser Weise aus dem Hintergrund. „Es geht nicht um mich, es geht um etwas ganz anderes“, sagt die ehemalige Pädagogin mit Nachdruck, „es geht um Menschlichkeit.“
Vom Schmankerlmarkt nach Albanien
Jeden zweiten Samstag steht Weik am Pittener Schmankerlmarkt, verkauft selbstgemachte Marmeladen, Gewürze oder Duftsackerl – und informiert über die Tätigkeiten ihres Vereins und des Netzwerks um sie herum. Große Veranstaltungen, bei denen womöglich noch Alkohol fließt, kommen für die Pittenerin nicht infrage. „Ich freue mich an den kleinen Dingen“, erklärt Weik, ehe sie beispielhaft aufzählt, was in den vergangenen 25 Jahren das Ergebnis ihrer Arbeit war: Aus den anfänglichen Hilfsgüter-Lieferungen in Albaniens Slums entwickelten sich kleine Dorfgemeinschaften und Arbeitsplätze. Mitthilfe einer Projektfarm in Romanat haben die Menschen gelernt, sich selbst eine Lebensgrundlage zu schaffen, ohne aus ihrer Heimat flüchten zu müssen.
Emotional wird Weik bei der Geschichte eines pensionierten Pittener Gärtners, der ein Glashaus für eine Zitronenaufzucht in Albanien spendete. Aus dem Überschuss der daraus resultierenden Ernte macht sie nun ebenfalls Marmelade, deren Erlös wiederum für die Hilfe für die Ärmsten eingesetzt wird. Weik hat für sich damit zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: das Bewusstsein für nachhaltige Versorgung zu schaffen bei jenen, denen geholfen wird, und bei jenen, die bereit sind, zu helfen.
Franziskusweg und Schöpfungsweg
Der bewusste Umgang mit der Umwelt ist eines der Grundanliegen des Vereins. Sichtbar wird das am Franziskusweg durch die Thermengemeinden und den 2009 angelegten „Schöpfungsweg“ am Aufstieg zur Pittener Bergkirche. Letzterer ist ein kirchlicher Themenweg, der als Zusammenspiel zwischen Kunst und Natur auf den Grundsätzen der „Natur im Garten“-Bewegung des Landes Niederösterreich fußt. Die teils verwachsenen Nebenwege sollen demnach zu einer bewussten Naturbeobachtung einladen und eine Oase der Stille darstellen.
Es geht bei Inge Weiks Projekten um das Bewusstsein für Ökologie und Biodiversität, um Nachhaltigkeit und Menschenwürde. „Geholfen wird nicht nur an den bereits etablierten Orten, sondern „überall dort, wo es eine Notlage gibt und wir helfen können“, sagt Weik.
Dabei wird auch auf Kooperationen mit anderen Projekten und Organisationen zurückgegriffen. Ohne die Unterstützung ihres Netzwerkes wäre das aber nicht möglich, zeigt sich Weik überzeugt.
Es ist ein Netzwerk, das über die Grenzen Pittens hinausgewachsen ist – und zumindest einmal im Jahr, in der Vorweihnachtszeit, neue Äste bekommt: „Wenn die Menschen wissen, wohin ihre Spenden gehen, sind sie auch bereit, mehr von dem zu geben, was sie vielleicht selbst nicht mehr so dringend brauchen“, sagt auch Petra Schmidt. Wie viele ihre Schülerinnen und Schüler dieses Jahr bereit sind zu geben, weiß sie noch nicht. Dass sie Inge Weiks Engagement auch heuer unterstützt, steht aber außer Frage.