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Wer schon mal in einem Stadion war, der weiß, welche Stimmung dort herrscht. Eine irre Energie, gepaart mit Adrenalin, Schweiß und lauwarmem Bier. Alle grölen, singen und johlen demselben Zweck zu. Man könnte annehmen, dass es bei dieser Unmenge an Leuten eine Menge an Unleuten gibt, aber – bis auf sehr wenige Einzelfälle – ist das gar nicht so. Wenn mitten in einer 40.000 Menschen umfassenden Zuschauerschar jemand umkippt, helfen quasi 39.999 dem einen wieder auf die Beine. Kein Schmäh, selbst so erlebt. Wenn dann eine vorne auf der Bühne „Oh“ ruft, dann rufen 40.000 „Yeah“ zurück. Wenn der Torschütze die Hände Richtung Himmel reißt, wird eine La-Ola-Welle in Gang gesetzt, die einstudiert nicht besser funktionieren würde. Wenn man nun aber die Band oder das Team der 2. Liga auflaufen lässt, ist das Stadion leer. Wir kaufen uns für ein Konzert, bei dem so viel Benzin für die Feuershow verwendet wird, dass man den Bezirk einen Monat versorgen könnte, Karten um 150 Euro. Gleichzeitig sind für manche 25 Euro „schon viel“, weshalb manch hochkarätiger Künstler, trotz seiner Qualität, in kleinen, halb leeren Locations spielt. Ein sehr erfolgreicher Gitarrist einer bekannten deutschen Musikgruppe hat sich mit einem Appell an die Fans gerichtet. Wenn von einer geplanten Konzerttournee mit 15 Terminen wegen zu wenig verkaufter Tickets noch zwei (!) Termine übrig bleiben, ist das Grund zur Sorge. An so einer Produktion hängen rund 50 Leute, plus deren Familien. Stadiontournee schön und gut, aber im kleinen Pub nebenan isst vielleicht gerade Ed Sheeran sein Schnitzel, während Sting „I Am from Austria“ singt. OLÉ!

Herzlichst, Roman Josef Schwendt
brief@romanjosefschwendt.com