Auf diesem Foto sieht man den letzten Kalkbrenner bei seiner Hochzeit / Fotos: Egerer (5), Gansterer
Heute widmen wir uns einem alten Handwerk, das es in dieser Form nicht mehr gibt. Der Enkel Franz Gansterer aus Kirchberg gibt Einblicke in die schwere und gefährliche Arbeit seines Namensvetters und Großvater.
Seit 1808 ist die Landwirtschaft im Besitz der Familie Gansterer. Der Großvater des heutigen Landwirtes heizte 1964 das letzte Mal den selbst gebauten Gewölbe-Brennofen für das Kalkbrennen ein. Danach ging eine „Kalkbrennerdynastie“ zu Ende.
Doch was bedeutet Kalkbrennen eigentlich genau? Das Kalkbrennen ist die thermische Zersetzung von Kalkstein in Calciumoxid und Kohlenstoffdioxid. Aus Branntkalk wird Löschkalk und daraus wird Kalk zum Mauern und Verputzen hergestellt. „Die Bauern aus der Umgebung holten sich dann den Kalk“, so Gansterer. „Somit sorgte das Kalkbrennen für den Lebensunterhalt vieler Generationen im Hause Gansterer.“
Gleich neben der Straße befand sich die Kalkgrube; von hier holten die Bauern den fertigen Kalk mit Pferdefuhrwerken ab
Aus der Not eine Tugend gemacht
„In früheren Zeiten war es nicht einfach, über die Runden zu kommen. Mit der Landwirtschaft war auch nicht das große Geld zu verdienen, da sich das Gehöft in einer Hanglage befindet“, so Gansterer. Doch es gab einen Rohstoff auf dem Grundbesitz der Familie, dessen Abbau und Verarbeitung mit schwerer und gefährlicher Arbeit verbunden war: Kalkgestein. „Wir waren schon damals ‚steinreich“, schmunzelt Gansterer. „Damals mussten die Löcher für das Sprengpulver noch händisch gebohrt werden. Danach wurden sie geladen und gezündet, um an den Kalkstein heranzukommen“, erzählt Gansterer. Noch heute kann man die Steinbrüche erkennen und auch der aus Steinen aufgeschichtete Brennofen ist noch teilweise vorhanden. Nur die Kalkgrube zum Lagern des fertigen Kalkes wurde bereits zugeschüttet.
Mühsame Produktion
Die ganze Familie musste zusammenhelfen, wenn es ans Kalkbrennen ging. Die Mutter des heutigen Landwirts erinnert sich: „Zwölf Meter Scheiter wurden für einen Brennvorgang benötigt.“ Zwei Tage wurde geheizt, damit das Kalkgestein sich auf fast 1.000 Grad erhitzte. Danach wurde das gebrannte Gestein in einer Holzwanne mit Wasser gelöscht. Dabei reagiert der Branntkalk mit Wasser unter starker Wärmeentwicklung zu Löschkalk. Dieser ist basisch und stark ätzend. „Daher war bei der Arbeit stets Vorsicht geboten“, weiß Gansterer. Welche Generation auf die glorreiche Idee mit dem Kalkbrennen kam, ist leider nicht bekannt.
Heute stellt die Jungrinderzucht neben der Forstwirtschaft eine wichtige Einnahmequelle für die Familie dar. Einige Schafe dienen als Rasenmäher für das steile Gelände rund ums Haus.
Das ist heute noch vom selbst gebauten Brennofen übrig. Von unten wurde eingeheizt; rechts: Noch heute erkennt man die Steilwand, wo früher durch Sprengung Kalkgestein gewonnen wurde