Fotos (2): Egerer

Heute widmen wir uns zwei Sagen, deren jeweiliger Schauplatz in Hollenthon und Umgebung liegt und die noch heute begehbar sind. Beim Ausflugstipp (Seite 44) haben wir den Hanserlstein besucht. Allerdings gibt es keine Tafel, auf dem die Geschichte dazu vermerkt ist. Die Türkenhöhle befindet sich auf der anderen Seite von Hollenthon und hat in der Zeit der Türkenbelagerung einigen Menschen das Leben gerettet.

Hier einmal die Sage vom Hanserlstein: Der 14-jährige Hansl trieb alle Tage die Kühe des Hofbauern in Spratzeck auf die Weide. Dort ragte ein großer Felsblock empor. Wenn die Kühe grasten, lag Hansl neben ihnen und sah den Wolken zu. Am liebsten kletterte er aber auf dem schrundigen Stein umher, stellte sich auf seine Spitze und rief alles, was ihm gerade einfiel, über die Weide zum Wald hinüber. Dann erfreute er sich an dem Echo.

Der Hansl war kein schlechter Bub, nur konnte er fluchen wie ein alter Landsknecht. Seine Eltern hatten ihn deswegen schon oft ermahnt und bestraft. Aber es nützte nichts, doch eines Tages war das Maß voll!

Hans saß wieder auf dem Felsblock. Er nahm das Jausenbrot, das ihm die Bäuerin mitgegeben hatte, und wollte es verspeisen. Als er es zum Mund führte, fiel es ihm aus der Hand und rutschte in eine Spalte des Felsens. Der Bursche wurde ganz rot vor Zorn und rief: „Verflucht, jetzt ist die Jause weg, der Teufel soll alles holen!“

Kaum hatte er die Worte ausgerufen, spaltete sich der Felsblock, Hansl rutschte hinein und verschwand. Dann schloss sich der Stein wieder. Am Abend kamen die Kühe alleine von der Weide heim. Die Eltern waren in großer Sorge und schickten den Knecht zum Stein, um nachzusehen, wo denn der Hansl geblieben sei. Als dieser in die Nähe des Felsens kam, vernahm er entsetzliches Jammern und Schreien, welches durch Mark und Bein ging. Da hielt er schaudernd seine Schritte an, denn es war die Stimme vom Hans, die aus dem Inneren des Steines kam. Der Knecht rannte so schnell er konnte heim und berichtete den Bauersleuten zitternd, was er gehört hatte. Der Bauer meinte: „Den hat der Teufel geholt, weil er sich das Fluchen nicht abgewöhnen konnte. Drei Tage und drei Nächte währte das Schreien, dann wurde es schwächer und verstummte. Seitdem heißt der Stein „Hanserlstein“.

Die Türkenhöhle von Hollenthon

Bei einer weiteren Sage aus Hollenthon geht es um Leben und Tod: Überall in der Buckligen Welt sprengten die lüsternen Horden auf ihren struppigen Pferden mit wildem Geschrei in die Dörfer und hielten mit ihren Krummschwertern blutige Ernte, sie schonten niemanden.

Doch bei der nächsten Warnung vor den Türken rannten alle Dorfbewohner in die Wälder, wobei sie einige Habseligkeiten für die ärgste Not, hauptsächlich Essen, mit sich schleppten. Doch nur wenige erreichten rechtzeitig den schützenden Wald. Der Schuster Jakob war mit etwa 25 Leuten am Waldrand. Obwohl die Älteren und Kleinen fast keine Luft mehr zum Atmen fanden, verliehen ihnen die Angst und Todesschreie, aber auch das herannahende Hufgetrampel Flügel. Da erinnerte sich Jakob an eine Höhle in der Nähe des Zertbauerngutes, in der er als Kind Verstecken gespielt hatte. Da sich diese zufällig in nächster Nähe befand, liefen sie dorthin und schlüpften hinein. Das Eingangsloch war ganz mit Sträuchern verwachsen und gerade so groß, dass ein Mann durchschlüpfen konnte.

Drinnen kuschelten sich die Leute eng zusammen und rührten sich nicht. Irgendwo über ihnen hörten sie Hufgetrappel und heiseres Geschrei, doch nach einiger Zeit wurde es still. Alle, die in der Höhle Zuflucht gefunden hatten, waren gerettet. Zwei Tage warteten sie noch in der Höhle, um sicher zu sein, dass die Türken nicht mehr da waren. Dann gingen sie wieder nach Hause. Seitdem wird diese Höhle „Türkenhöhle“ genannt.

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