Markus Steinbichler wirft einen Blick unter die Buckel / Fotos (7): Markus Steinbichler

Wie es auf den Buckeln unserer schönen Region aussieht, ist hinlänglich bekannt. Wie es darunter aussieht, schon weniger. Daher hat sich unser Fotograf Markus Steinbichler auf eine Entdeckungsreise kreuz und quer durch die Höhlenwelt im Land der 1.000 Hügel ge-macht. Denn unter dem einen oder anderen Buckel verbirgt sich in Höhlen, Klüften und Spalten eine wahre Wunderwelt, die den meisten verborgen und unbekannt bleibt.

Höhlen hatten für den Menschen in der Vergangenheit unterschiedlichste Bedeutungen und Nutzungen: Sie reichen von den ersten Behausungen der Urzeit über mystische Funktionen wie als Ort der religiösen Einkehr bis hin zum Ort der Zuflucht bei Gefahren und als geheimnisvolles Ziel für Entdecker und Forscher.

Als Höhlen bezeichnet man mehr als menschengroße Hohlräume, die durch natürliche Prozesse wie Auswaschung oder Verkarstung in dafür geeignetem Gestein entstanden sind. Im Wechselgebiet und in der nördlichen Buckligen Welt sind dies vor allem Kalkstein, Dolomit und Grauwacken. Überall dort, wo diese schroffen Felsen aus den sanften, runden Formen der Buckel hervortreten, sind auch oftmals Höhlen vorzufinden. Die größte und bekannteste Höhle und zugleich ein beliebtes Ausflugsziel ist die Hermannshöhle in Kirchberg am Wechsel, die mit ihrem reichen Tropfsteinschmuck und einer beeindruckenden Gesamtlänge von 4.430 Metern auch die größte Tropfsteinhöhle Niederösterreichs darstellt.

Auf der Suche nach Höhlen unter den Buckeln

Ein paar kleinere Höhlen hat Markus Steinbichler im August auf seiner Entdeckungsreise er-forscht – immerhin boten sie an manch heißem Tag auch den perfekten Ort für eine kühle und vor allem ruhige Auszeit. Entlang des Pittentales und seiner Seitentäler ist er auch mehrmals fündig geworden: Ein erster „Hotspot“ mit mehreren Höhlen auf engerem Gebiet liegt zwischen Grimmenstein und Petersbaumgarten. So sind am Kulmriegel zwischen bizarren Felsblöcken insgesamt vier „Grimmensteinhöhlen“ zu finden. Die Kulmriegelhöhle, auch Grotte genannt, lädt zum Entdecken mehrerer Gänge ein – allerdings nur auf allen Vieren. Mit der Marienstatue ist sie ein besonders stimmungsvoller Ort der stillen Andacht inmitten unberührter Natur.

Auch im Kegelgraben bei Petersbaumgarten hat Steinbichler zahlreiche Höhlen besucht, von denen die „Gaiskirche“ besonders kurios ist: dies nicht nur wegen ihres unerklärlichen Namens, sondern auch deshalb, weil sie wie ein Labyrinth mit mehreren Ein- und Ausgängen gestaltet ist.

Der nächste „Höhlen-Hotspot“ liegt rund um Scheiblingkirchen und das Schlattental. Hier treten besonders oft schroffe Kalksteinfelsen zutage, die auch immer wieder Hohlräume aufweisen.

Auf dem Ofenberg findet sich beispielsweise die Etagenhöhle, die – wie der Name schon sagt – drei Etagen und zwei Tagöffnungen aufweist. In der Großen Bärenhöhle fand man in den 1930er-Jahren einen Knochen eines Höhlenbären, womöglich einer der ersten Bewohner der Buckligen Welt. Auch in der Mehlwurmhöhle im Schlattental, erreichbar nur durch einen schmalen Spalt, wurde man fündig. Ihren Namen hat sie von den mehlartigen Feinsanden am Boden, in denen auch Fossilien, Knochen- und Fraßreste von Säugetieren aus der Eiszeit gefunden wurden – darunter Höhlenbär, Höhlenhyäne, Höhlenlöwe, Wolf, Elch, Ur, Wisent, Wollnashorn und Mammut!

Viele Höhlen im Schlattental sind heute gemeinsam mit den Felswänden rundherum eine beliebte Spielwiese für Sportkletterer.

Eine Höhle nahe Scheiblingkirchen erzählt darüber hinaus eine besondere Geschichte: Sie wurde im Zweiten Weltkrieg um Seitengänge und Belüftungsröhren erweitert und als Luftschutzstollen genutzt. Die Schutzfunktion von Höhlen reicht noch weiter in die Geschichte zurück: Die Türkenhöhle nahe Hollenthon diente während der Türkenkriege als Zufluchtsort, und in der Templerhöhle im Seebensteiner Burgberg haben der Sage nach Tempelritter Schutz vor Verfolgung gesucht – allerdings leider vergebens … Folgt man auf der Suche weiter dem Pittental, so wird man auch rund um Pitten fündig: Hier weist der Burgberg etliche kleinere Höhlen auf. Die größere wurde vor Jahrhunderten als Kultplatz, später als erste Kirche hoch über dem Ort eingerichtet, mit Malereien an den Höhlenwänden.

Ehemalige Schauhöhlen, verschlossene Wunderwelt

Die Altahöhle in Pitten beherbergte lange Zeit eine (heute versiegte) Quelle, die sogar die Wiener Wasserleitung mitversorgte. Die Höhle war für Besucher zugänglich, alte Stiche zeigen eine wassergefüllte und mit Kerzen erhellte große Höhle. Sogar ein Ausflugsgasthaus am Höhleneingang gab es – heute ist die Höhle leider nicht mehr zugänglich.

Ebenfalls als Schauhöhle betrieben wurde ab 1889 die Erlacher Tropfsteinhöhle, die in einem Steinbruch entdeckt wurde. Alte Ansichtskarten zeigen unter der Beschreibung „Partie aus der Hammer’schen Tropf-steinhöhle bei Erlach“ noch den reichen Steinschmuck. Heute ist davon kaum mehr etwas zu sehen. Die meisten Tropfsteine wurden leider abgeschlagen, die Höhlendecke ist rußgeschwärzt.

Damit die ebenfalls in Bad Erlach liegende Excentriquehöhle nicht ein ähnliches Schicksal erleidet, wurde diese unter besonderen Schutz gestellt und versperrt. Denn darin befindet sich mit den „Excentriques“ – gegen die Schwerkraft und in alle Richtung wachsende Sinterbildungen – ein besonders zerbrechlicher, schützenswerter Schatz.

Aufruf:
Wenn auch Sie einen historisch interessanten Ort oder ein verlassenes Gebäude mit spannender Geschichte in der Region kennen, erzählen Sie uns davon: redaktion@bote-bw.at
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Korrektur:
Leider ist uns im letzten Beitrag über die Sommerfrische-Villen in Pitten ein Fehler unterlaufen: Das heutige Pflegeheim Mater Salvatoris inklusive der Villa Waldfried gehört zur Marktgemeinde Bad Erlach und nicht zur Marktgemeinde Pitten. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen!