Foto: Egerer
Unter den zahlreichen Besitzern der Burg Grimmenstein waren auch solche, die es mit der „Ritterlichkeit“ nicht so genau nahmen. Die Burg, die einst auf dem Kulmriegel stand, war groß und gewaltig. Der letzte Ritter auf der Burg hieß Kuno der Wilde. Er hatte ein hartes, steinernes Herz und führte ein gottloses und räuberisches Leben. Er tyrannisierte mit großer Freude seine Mitmenschen.
Er spähte wie ein Adler von seinem Felsennest ins Tal hinunter wo die Römerstraße vorbeiführte. Sobald er eine Beute, zum Beispiel einen Zug fahrender Kaufleute belauert hatte, stürmte er mit seinem Ross zu Tale und plünderte die kostbarsten Waren. Die Handelsherren erschlug er oder schleppte sie in sein Verlies, wo er sie so lange schmachten ließ, bis sie durch hohes Lösegeld freigekauft wurden.
Auch die Bewohner verschonte er nicht, er beraubte die Armen und die Reichen, und machte weder vor heiligem Gut noch vor Witwen und Waisen halt. Endlich war das Maß seiner Frevel übervoll und sein Schicksal erfüllte sich. Ein Blitz erschlug den grausamen Bösewicht in der Blüte seines lasterhaften Lebens und der rote Hahn flog auf sein Raubnest (Blitz schlug ein). Die vernichtete Burg soll ein Mahnmal für die Feinde des Rechts sein. Darum sinkt sie auch alle hundert Jahre (nach anderen Legenden jedes Jahr) um die Länge eines Haferkorns am Hang hinab. Schon ist sie fast bis zur Mitte gesunken – wenn sie im Tal anlangt, dann ist das Ende der Welt da, dann naht das Gericht der Gerichte.
(Quelle: Sagen aus dem NÖ Wechselgebiet von Wolfgang Haider-Berky)