Im Hof des Bauernmuseums Lanzenkirchen / Fotos: Markus Steinbichler (8)

Wer im beschaulichen Lanzenkirchen die Hauptstraße entlang-spaziert, würde nicht vermuten, dass hinter der Hausnummer 83 eine ganze Welt verborgen liegt. Das Bauernmuseum entführt den Besucher mit über 6.000 Exponaten in eine Welt von gestern – und vorgestern: Von der Fußkette eines Gefangenen aus der Türkenzeit um 1683 bis zu den ersten elektrischen Haushaltshilfen reicht die Palette, ausgestellt in mehreren Schauräumen. Klaus Haberler lädt uns dazu ein, diese faszinierende Welt zu erkunden …

Schon in seiner Nachkriegskindheit war der Lanzenkirchener Klaus Haberler vom bäuerlichen Leben fasziniert: Sein Vater hatte beruflich auf den zahlreichen Bauernhöfen der Buckligen Welt zu tun, sein Sohn wurde zum aufmerksamen Begleiter. Später, vor rund 50 Jahren, begann er, den Bauern altes und mittlerweile oft veraltetes Werkzeug und Gerät abzunehmen – ein Dreschflegel hier, ein Kummet da. Später kamen für den leidenschaftlichen Sammler auch Objekte aus zahlreichen Handwerksberufen und Fahrzeuge dazu. Vieles rettete er auch vor dem Wegschmeißen, zahlreiche Exponate wie alte Heiligenbilder wurden in einer Schottergrube bei Kleinwolkersdorf entsorgt und von Haberler geborgen. Auch auf Flohmärkten und Gebrauchtwaren-Plattformen wie dem „Bazar“ wurde er oft fündig.

1981 eröffnete er schließlich in der Hauptstraße 83 das Bauernmuseum mit damals ungefähr 600 Ausstellungsstücken. Im Rinderstall eines ehemaligen Bauernhauses wurde der erste Schauraum eingerichtet, vieles wurde auch im Freien ausgestellt. Nach und nach wurde das Museum erweitert, rund um einen gepflegten Hof laden nun mehrere Nebengebäude zum Schauen und Entdecken ein, sogar eine Schmiede wurde eingerichtet. Die Schau wurde über die Jahre ständig ausgedehnt, nach bäuerlichen Exponaten kamen im Laufe der Zeit 20 Handwerksberufe mit ihren Schaustücken dazu. Immer wieder bringen Besucher Gegenstände mit – Haberler präsentiert etwa einen jüngst abgegebenen, rund 100 Jahre alten Tierarztkoffer, vollständig erhalten mit allen Instrumenten. Angesprochen auf die nunmehr 6.000 Exponate, meint er schmunzelnd, dass bei dieser Zahl eher mit dem Zählen aufgehört wurde!

6.000 Schaustücke aus einer anderen Zeit

Öffnet Klaus Haberler seine Türen, tut sich eine faszinierende Welt auf: eine Welt von gestern. Jeder Schauraum ist gefüllt mit Hunderten von Ausstellungsstücken, die von der beschwerlichen Arbeit der Bauern in vergangenen Zeiten berichten, aber auch davon, wie die Menschen anno dazumal ihren Alltag in Beruf und Haushalt meisterten. Denn zu jeder Zeit verstand es die Menschheit recht gut, mit Fantasie und Erfindungsgeist die Arbeit und mühsame Handgriffe zu vereinfachen oder leichter zu machen. Davon zeugen die liebevoll arrangierten Schaustücke in allen Größen und Formen, angefangen von der kleinen Karotten-Schneidemaschine bis zur großen fahrbaren Bandsäge im Fuhrpark des Museums. Heute nahezu vergessene Handwerke wie Fassbinder, Drechsler oder Seiler werden anhand der alten Werkzeuge und Hilfsmittel für einen kurzen, kostbaren Augenblick wieder lebendig. 

Weiter geht es von Raum zu Raum, vorbei an einer Dauerwellenmaschine, einem funktionstüchtigen Motorrad Baujahr 1934, Haushaltsgeräten wie dem Geschirr einer Rauchküche oder einem fahrbaren Backofen aus 1920, der aus einem Hühnerstall gerettet wurde. Auch die alte Lanzenkirchener Turmuhr ist ausgestellt, gemeinsam mit weiteren Exponaten aus der Kirche wie Gebet- und Messbüchern aus dem 17. Jahrhundert. Eine komplette Uhrgehäusemacher-Werkstatt weiß ebenso zu beeindrucken wie Radiogeräte und Fotoapparate in allen möglichen Größen. Ein Kinderzimmer zeigt Wiege, Gitterbett und Spielzeug, aber auch eine alte Schulbank aus Thernberg. Einen Stock höher sind die Handwerkzeuge der Wäscherinnen und Weberinnen zu sehen, darunter ein Bauernwebstuhl aus dem Jahr 1856. Auch eine Schuhmacher-Werkstatt und eine Sattler-Werkstatt aus Wiesmath sind ausgestellt. Es ist beeindruckend, wenn Klaus Haberler zu jedem einzelnen Exponat Jahreszahl und Herkunft parat hat …

Metzen und Mühlen im Troadkasten

Auf dem Freigelände des Bauernmuseums wurde 1988 ein 300 Jahre alter Troadkasten aus Offenegg aufgestellt und originalgetreu mit Schilf eingedeckt. Auch die einst für die Region typischen „Rossgoschen“ – das Giebelkreuz, man kennt es auch aus dem Raiffeisen-Logo – ist am Dach des Gebäudes zu sehen. Es diente einst als Schutzsymbol und sollte den wertvollen Inhalt, also das Getreide, aber auch wichtige Habseligkeiten der Bauern beschützen. Im Troadkasten sind Metzen (geeichte Messbecher), Dreschflegel, Schrotmühlen und weitere Geräte zur Getreideverarbeitung untergebracht. Ebenfalls im Garten befindet sich ein Flugdach, unter dem Fahrzeuge, von der Feuerwehrspritze über diverse Anhänger und Leiterwagen bis hin zu einem Steyr-Fiat aus dem Jahr 1961, zu bewundern sind. Das Bauernmuseum Lanzenkirchen hat freitags von 14 bis 18 Uhr und samstags wie sonntags von 8 bis 18 Uhr geöffnet, Eintritt gegen freie Spende. Auch für Veranstaltungen wie zuletzt das Erntedankfest öffnet das Museum immer wieder gern seine Tore. Und bei der „Langen Nacht der Museen“ am Samstag, den 5. Oktober öffnen sich wieder bis 24 Uhr die Türen zu dieser faszinierenden Welt von gestern. Der Folder des Museums schließt mit den Worten von Artur Hazelius: „Es kann der Tag kommen, da all unser Gold nicht ausreicht, uns ein Bild von der entschwundenen Zeit zu formen.“ Das lebendige Bild alter Zeiten, das Klaus Haberler für uns zusammengetragen hat, ist sicher mehr wert als Gold …

Aufruf: 

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