Simone Ungersböck aus Grimmenstein hilft Johann Hagenhofer bei der Suche und nutzt dafür ihre Quellen in Albanien / Foto: Ungersböck
Über viele Jahre hinweg war Johann Hagenhofer federführend daran beteiligt, die Geschichte der Region aufzuarbeiten. Mehrere Bücher („Lebensspuren“) sind dazu entstanden. Nun macht sich der Historiker auf die Suche nach seiner eigenen Vergangenheit, genauer gesagt nach seinem Vater, von dem er nur weiß, dass er im Zweiten Weltkrieg in Albanien gefallen sein dürfte. Hilfe bekommt er dabei aus der Buckligen Welt, von Simone Ungersböck, die beruflich in Albanien tätig ist.
Unzählige Stunden Zeitzeugen-Interviews, Dokumente, Bilder und Erinnerungsstücke – all das floss in die „Lebensspuren“-Bücher unter der Leitung von Johann Hagenhofer. Ihm und seinem Buchteam ist es gelungen, einen detaillierten Blick auf die Zeit vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg in der Buckligen Welt und im Wechselland zu werfen. Damit ist ein historischer Schatz geborgen und erhalten worden, mit der auch der jungen Generation die Geschichte der Region begreifbar gemacht werden kann.
Familien-Forschung
Auch wenn dieses Projekt mit dem Buch zur Geschichte der jüdischen Familien in der Region nun abgeschlossen ist, blieb das Interesse an historischen Begebenheiten bei Hagenhofer natürlich erhalten. Dieses Mal widmet er seine Nachforschungen allerdings seiner eigenen Familie bzw. der Suche nach dem Grab seines Vaters. „Ich wurde 1941 geboren, war beim letzten Heimaturlaub meines Vaters im Sommer 1943 erst zwei Jahre alt und kann mich leider an meinen Vater überhaupt nicht erinnern. Ich kann mich aber fast an jedes Detail beim Einmarsch der sowjetischen Truppen im Jahr 1945 erinnern, obwohl ich da auch erst vier Jahre alt war“, so Hagenhofer.
Seit 11. November 1944 gilt sein Vater als vermisst. Nach Mitteilung seines Kommandanten wurde er bei einem Angriff von Partisanen in der Nähe von Tirana (Albanien) verwundet. Er war aber noch gehfähig und sollte gemeinsam mit einem ebenfalls verwundeten Kameraden zu einem Verbandsplatz gehen. Dort kamen die beiden Verwundeten allerdings nicht an. „Meine Mutter ließ den Vater nie für tot erklären und hoffte noch viele Jahrzehnte nach Kriegsende auf seine Heimkehr“, erinnert sich der Historiker.
Aufzeichnungen aus Deutschland
„Ich versuchte schon vor vielen Jahren, über verschiedene Organisationen etwas über ein eventuelles Grab meines Vaters herauszufinden, bekam aber nie einen brauchbaren Hinweis. Durch einen befreundeten His-
toriker und Archivar erhielt ich den Kontakt zur Organisation ‚Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge‘. Von dieser Organisation bekam ich Informationen über die Kriegsgräber in Albanien und über die Daten meines Vaters. Auch einen Hinweis auf den Soldatenfriedhof in Tirana mit acht Stelen, auf denen angeblich alle Namen der Gefallenen und Vermissten angeführt sind und außerdem durch ein Zeichen noch ersichtlich ist, welche dieser Soldaten tatsächlich in diesem Friedhof begraben sind, habe ich bekommen“, so Hagenhofer.
Hilfe aus Albanien
Durch Zufall stieß Hagenhofer während seiner Suche auf Simone Ungersböck, die in Albanien beruflich erfolgreich tätig ist. Er kontaktierte die Grimmensteinerin und teilte ihr sein Anliegen mit. Innerhalb kürzester Zeit erhielt er Antwort und Ungersböck versprach, den Friedhof mit den Stelen aufzusuchen – leider ohne Erfolg, ein Karl Hagenhofer ist dort nicht verzeichnet. Bei einem ihrer „Heimatbesuche“ diesen Sommer trafen sie sich mittlerweile auch persönlich, um über Hagenhofers Suche zu sprechen.
Ans Aufgeben denken die beiden aber noch lange nicht. Ungersböck will nun versuchen, vor Ort einen Historiker aufzutreiben, der die Kämpfe zwischen den deutschen Soldaten und albanischen Partisanen am 11. November 1944 im Raum Tirana erforscht hat.
Hagenhofer: „Mir ist vollkommen bewusst, dass das Grab meines Vaters wahrscheinlich nicht mehr zu lokalisieren ist. Im besonders grausamen Partisanenkrieg wurden in den meisten Fällen weder von der Deutschen Wehrmacht noch von den albanischen Partisanen Gefangene gemacht bzw. Aufzeichnungen über Begräbnisstätten verfasst. Ich hoffe aber, dass ich erfahren kann, in welcher klar umgrenzten Gegend mein Vater seine letzten Stunden verbrachte. Falls das klappt und im nächsten Jahr wieder Reisen möglich sind, plane ich mit meiner Frau eine Reise nach Albanien.“