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Das heurige Weihnachtsfest wird sich deutlich von jenen der letzten Jahre unterscheiden. Große Treffen zum Punsch-Umtrunk, Menschentrauben, die sich durch Weihnachtsmärkte schlängeln, ebenso wie jede andere Aktivität, bei der viele Menschen an einem Ort zusammenkommen – all das gibt es heuer nicht. Vielleicht kann man sich aus dieser Situation aber auch ein Stück weit die Besinnlichkeit der Vorweihnachtszeit zurückholen. Wir haben uns angeschaut, wie das denn früher war mit Weihnachten und sind auf interessante Geschichten gestoßen. Vielleicht hilft das dabei, die heurige Situation in einem anderen Licht zu betrachten.

Socken, Pullover und Gedichte

Historiker Johann Hagenhofer aus Hochwolkersdorf, der anhand unzähliger Zeitzeugen-Gespräche die Geschichte der Region in mehreren Buchbänden aufgearbeitet hat, ist mittlerweile auch selbst ein Zeitzeuge. Er erinnert sich für den „Boten“ an Weihnachten damals:

„Ich erinnere mich sehr genau an Weihnachten in der Nachkriegszeit. Schon viele Wochen vorher war Weihnachten das Hauptthema meiner Geschwister und meiner Freunde auf dem Schulweg. Im Religionsunterricht wurden wir dazu animiert, so oft wie möglich die Rorate zu besuchen. Das war nicht einfach, weil es damals immer sehr viel Schnee gab und die Rorate schon um 7 Uhr begann. Und natürlich schrieben wir auch einen Brief an das Christkind, in dem wir versprachen, im Advent besonders brav zu sein, aber auch schon unsere Wünsche anführten. Am Heiligen Abend mussten mein Bruder und ich schon sehr zeitig schlafen gehen. Vor lauter Aufregung konnten wir lange nicht einschlafen, deshalb war es gar nicht so einfach, uns zur Bescherung zu wecken. Mit großen Augen bewunderten wir den sehr einfach geschmückten Christbaum, auf dem neben ganz wenigen Schmuckstücken auch Bäckerei und eingewickelte, selbst gemachte Zuckerl hingen.

Stille Nacht
Der Ablauf war immer gleich. Zuerst beteten wir, dann sangen wir ,Stille Nacht’ und anschließend wünschten wir einander frohe Weihnachten. Erst dann schauten wir nach unseren Geschenken. Die finanzielle Situation meiner Mutter war nach dem Krieg katastrophal, weil mein Vater seit 1944 in Albanien vermisst war. Dennoch erhielten wir immer kleine Geschenke wie selbst gestrickte Handschuhe, Socken oder ganz einfaches Spielzeug. Besonders freuten sich mein Bruder Karl und ich über die ersten Ski, die allerdings noch keine Bindung hatten. Es waren nur Holzlatten, die der Braumüller Tischler gemacht hatte, mit einer Lederschlaufe, in die man die Schuhe hineinstecken konnte. Da es damals in jedem Winter sehr viel Schnee gab, konnten wir die Ski schon sehr bald ausprobieren. Zuerst rutschen wir nur die Hänge hinunter – so lange, bis wir stürzten. Später zeigte uns unser Cousin Martin vom Furtbauer, der schon Ski mit einer Riemenbindung hatte, wie man mithilfe von „abchristeln“ (abschwingen) bremsen konnte. Somit wurde das Skifahren zu meinem Lieblingssport im Winter.

„Dem schlimmen Hanserl“
Ein ganz wichtiges Geschenk bekam ich zu Weihnachten 1950 von meiner Volksschullehrerin Grete Fuchs. Sie schenkte mir das Buch „Tiroler Leut“ von Karl Schönherr mit folgender Widmung: „Dem schlimmen Hanserl von seiner Lehrerin Gretel.“ Diese Widmung war natürlich eine Anspielung auf Hänsel und Gretel, aber auch darauf, dass meine so geschätzte Lehrerin damals schon wusste, dass ich nicht ganz so brav war, wie ich ausschaute.

Sehr gut erinnere ich mich an die Weihnachtsgeschenke meiner Schwester Elfriede, die schon seit ihrem 14. Lebensjahr in Wiener Neustadt im Gasthaus der Tante arbeitete. Sie schenkte meinem Bruder und mir im Jahr 1947 sogenannte „Norweger-Handschuhe“ und im Jahr darauf „Norweger-Pullover“ mit einem besonders schönen Muster. Auch die Mutter wurde von uns beschenkt. Von uns Buben bekam sie meistens eine Zeichnung oder ein Gedicht, die Schwestern hatten Socken oder einen Pullover für sie gestrickt. Meine Mutter war eine außergewöhnlich starke Frau, die ein sehr hartes Leben führen musste. Ich erlebte sie fast nie verzweifelt oder mutlos. Nur nach der Bescherung ging sie nochmals zum Christbaum, betete leise und weinte, weil sie an unseren Vater dachte.

Von links: Maria, Karl, Friederike, Johann und
Elfriede Hagenhofer / Foto: Hagenhofer

Windringe und die Aufzieh-Eisenbahn

Alfred Höller sprach im Rahmen des Zeitzeugen-Projekts mit Johann Hagenhofer über die Nachkriegszeit. Dabei ging es auch um Weihnachten:

Auch damals wurde das Weihnachtsfest gefeiert, aber nicht so wie heute. Auf dem Christbaum in der Kriegszeit gab es selbst gebackene Kekse, vor allem die Windbäckerei durfte in keinem Haushalt fehlen. „In jedem Haus hast diese Ringerl gehabt. Und dann eingewickelte Würfelzucker, nix mit Pralinen und weiß ich was immer. Das gab es nicht, ich mein, das war erstens einmal im Geschäft nicht zu bekommen, weil Krieg war, und zweitens war es gar nicht üblich. Weihnachtspapierln, die hat’s schon gegeben, aber nicht, dass ihr glaubt, die hat man weggeschmissen, ach, bei Gott nicht! Die wurden schön ausgestreift, wieder schön aufgestapelt, in eine Schachtel gelegt, so wie der Schmuck. Fünf, sechs, sieben Jahre kannten wir schon den gleichen Schmuck. Wenn der Vater beim Aufputzen ein Trumm z’samm g’haut hat, haben wir gesagt, da fehlt ein Vogel oder was weiß ich was immer, das haben wir ganz genau gewusst. Warum? Das waren sieben, acht Sacherln, und die hat man sich leicht merken können“, erinnert sich Höller. Wenn er an die heutigen Bescherungen denkt, wo die Enkelkinder Packerl um Packerl auspacken, dann denkt er auch an damals zurück.

„Wenn man sich da so ins Eckerl setzt und betrachtet, wenn das fünfte, sechste, achte Packerl aufgemacht wird, ist es noch sehr spannend, was da alles drinnen ist. Wenn es dann das zwanzigste ist, dann geht das schon so: auf, anschauen, weggeben. Das haben wir nicht notwendig gehabt, denn wenn ein Geschenk unten lag, also ein Matador, Mikado oder so etwas oder so ein Blechmotorradl mit Stützrädern und so, dann war das etwas. Und da haben wir alles rundherum vergessen und haben uns stundenlang gespielt im Zimmer. Oder eine Eisenbahn, nicht eine Elektroeisenbahn, nein, eine zum Aufziehen mit zwei Waggons und ein kleiner Achter an Schienen, das war was. Da haben wir nichts gebraucht, tage-, wochenlang haben wir damit gespielt. Wenn ich oft denk, was für teure Spielsachen nach wenigen Tagen schon irgendwo in einem Eckerl liegen. Ich weiß nicht, hat man noch die richtige Beziehung zum Geschenk oder ist alles schon Selbstverständlichkeit geworden? Ich muss es immer wieder sagen, unglücklicher glaub ich waren wir nicht.“

Steinkohle im Geschenkpapier

Weihnachten 1948, Nachkriegszeit. Der Vater in Gefangenschaft, die Mutter muss die Kinder alleine durchbringen. Ernst Dreitler aus Kirchberg wohnte damals in einer kleinen Keusche ohne Strom, Wasser und WC. „Wir mussten das Wasser aus 200 Meter Entfernung nach Hause transportieren“, erinnert sich der heutige Pensionist. Wie man sich vorstellen kann, fiel daher auch Weihnachten dementsprechend mager aus. „Aber es gab einen Baum, Kugeln und Kerzen und die Mutter hatte Steinkohlenstücke in Zuckerlpapier eingewickelt, die sie auf den Christbaum hängte“, erzählt Dreitler. „Denn in diesem Jahr war es besonders kalt, der Schnee knirschte unter den Füßen, als wir zur Kirche gingen. In besagtem Jahr waren auch Verwandte gekommen. Kekse war das einzig Besondere an diesem Heiligen Abend. „Ich kann mich noch genau erinnern, ich war damals circa sechs Jahre alt. Ich bin in das Zimmer gegangen, wo der Weihnachtsbaum gestanden ist, und rief: ,Schau, die schönen glänzenden Kugeln!‘ Da war besagte männliche Verwandtschaft so gerührt, dass er mir eine Fünfschilling-Münze schenkte. Diese habe ich natürlich gehütet wie meinen Augapfel. Ich weiß auch nicht mehr, was ich damit gekauft habe.“ Zum Glück kam der Vater dann 1949 aus der Gefangenschaft unversehrt nach Hause. Aber diese Weihnachten werden Ernst Dreitler immer in Erinnerung bleiben.

Foto: Dreitler

Krampus-Karten und Weihnachtskarten statt E-Mails und SMS

Das waren noch Zeiten: „Herzliche Grüße vom Krampus. Mache dich gefasst, wenn ich zu euch komme“ – so steht es auf einer Krampuskarte von 1914.

Das Versenden von Grußkarten hatte in der Vorweihnachts- und Weihnachtszeit eine große Bedeutung. Ja selbst zum Jahreswechsel wurden prachtvolle Neujahrskarten verschickt.

In der Postkartensammlung des Bad Erlacher Sammlers Wilhelm Hofer finden sich viele liebevoll gestaltete Karten aus vergangener Zeit, oft kleine grafische Meisterwerke. Als Motive findet man Christbäume, das Christkind mit Geschenken, Schneemänner, Weihnachtsmänner. Auf Karten zum Jahreswechsel tummeln sich Rauchfangkehrer, Schweinchen, Kleeblätter.

Sonderbriefmarke
Wer Karten besonders liebevoll versenden wollte, beklebte die kleinen Kunstwerke mit Weihnachts-Sonderbriefmarken. Der bekannte Pittener Maler Prof. Sepp Buchner gestaltete zum Beispiel die Weihnachts-Sonderbriefmarke von 1982 sowie die Weihnachtsmarken von 1991 bis 2001. Diese Marken befinden sich alle in der Sammlung von Wilhelm Hofer. Einige Briefmarken von Prof. Sepp Buchner werden auch im Museum PIZ 1000 in Pitten gezeigt. Heute versendet man Glückwünsche per E-Mail oder SMS, über Twitter etc. – schnell, einfach, billig und gleichzeitig an viele Empfänger, aber eben auch ein wenig beliebig und unpersönlich. Außerdem spart man so das altmodische Kleben von Briefmarken und das Anstellen am Postamt.

Schade eigentlich um diese alten Traditionen – aber es gibt sie ja doch noch, die guten alten Weihnachtskarten. Und ja, es gibt auch Jahr für Jahr eine Weihnachts-Sonderbriefmarke. Daher – schreib’ mal wieder eine Karte mit ein paar persönlichen Worten, ganz besonders heuer.