Markus Steinbichler steuert die beeindruckenden Bilder bei, der „Bote“ macht sich auf historische Spurensuche. Gemeinsam sind wir diesmal in Aspang fündig geworden, wo das ehemalige Hotel und Restaurant Friesl einen neuen Zweck erfüllt. / Foto: Markus Steinbichler
Hotel Friesl in Aspang: auf Zeitreise
Mit unserer neuen Serie „Lost Places“ zeigen wir verborgene Baujuwelen aus der Region, die noch heute von der Pracht vergangener Tage zeugen. Markus Steinbichler steuert die beeindruckenden Bilder bei, der „Bote“ macht sich auf historische Spurensuche. Gemeinsam sind wir diesmal in Aspang fündig geworden, wo das ehemalige Hotel und Restaurant Friesl einen neuen Zweck erfüllt.
Nicht jeder „Lost Place“ muss unbedingt für immer verloren sein. Das zeigt zumindest unser aktuelles Beispiel. Denn wo Herbert Reichmann vor wenigen Jahren moderne Mietwohnungen errichtete, wurden früher rauschende Feste gefeiert, Reisende bewirtet und Gastfreundschaft gepflegt. Gegenüber des Bahnhofs in Aspang wurde im Jahr 1911 im Zuge des Bahnbaus ein prachtvolles Hotel erbaut. Johann Salomon betrieb hier das Hotel und das Bahnhofsrestaurant, wohlgemerkt zu einer Zeit, als in der Region gerne Sommerfrische gemacht wurde und viele Reisende entlang der B54 (die Autobahn gab es noch lange nicht) durch den Ort kamen. Salomons Tochter Johanna arbeitete im elterlichen Betrieb und heiratete schließlich Alexander Friesl, der im Hof eine Fleischhauerei betrieb. Gemeinsam kümmerten sie sich um das Hotel und den Gasthof, eine Zeit lang war auch eine kleine Trafik dabei. Insgesamt fünf Kinder gingen aus der Ehe hervor. Drei Söhne und zwei Töchter. Der Jüngste von ihnen, Franz Friesl, übernahm schließlich die Gastwirtschaft gemeinsam mit seiner Frau Heidemarie im Jahr 1968.
Sie war es, die dem „Boten“ spannende Details aus der Vergangenheit des Hauses erzählte. Könnten die Wände sprechen, sie hätten wohl so manche Geschichte auf Lager.
1971 wurde das Gebäude generalsaniert. Da aber schon damals absehbar war, dass sich das Geschäft mit den Reisenden und Urlaubern in Zukunft nicht mehr rechnen würde und das Paar keine Nachkommen hatte, konzentrierten sich die Friesls ganz auf ihr Restaurant.
Höhen und Tiefen
„Damals waren Ober- und Unteraspang noch getrennt. Bei uns sind alle zusammengekommen. Sehr viele Freunde und Familien sind zu uns gekommen, aber auch Gäste von außerhalb, auch aus dem Wiener Raum. Es war eine wunderschöne Zeit“, erinnert sich Frau Friesl. Sie arbeitete in der Küche, wo sie neben gutbürgerlichen Gerichten auch ihrer Kreativität freien Lauf lassen konnte. Ihr Mann war im Service tätig, und gemeinsam mit ihren Gästen erlebten sie Höhen und Tiefen, feierten Geburtstage und Feste. „Wir waren die Ersten, bei denen es zum Beispiel Martinigansl gegeben hat. Angefangen haben wir mit einer Gans, zum Schluss haben wir 150 Gänse in einer Woche zubereitet“, so Friesl.
Im Jahr 2005 dann der Schicksalsschlag: Franz Friesl starb an Leukämie, nur fünf Monate nach der Diagnose. „Bis 2010 habe ich den Betrieb als Witwe weitergeführt, wollte aber verkaufen. Dann hätte sich mit einem Projekt für eine Seniorenresidenz eine gute Gelegenheit ergeben, der Interessent ist aber im letzten Moment abgesprungen“, so Heidemarie Friesl.
Schließlich fand sie mit Herbert Reichmann einen Käufer, dessen Ideen ihr gefielen. Vor rund drei Jahren erneuerte er das Gebäude innen komplett, errichtete zwölf Mietwohnungen, stockte auf und baute einen Aufzug ein. Nur die markante, historische Fassade wurde behutsam restauriert und blieb ansonsten unberührt. Kurz vor den umfassenden Bauarbeiten hatte unser „Bucklige Weltreisen“-Fotograf Markus Steinbichler noch die Gelegenheit, Bilder vom historischen Ambiente zu machen, bevor das Gebäude entkernt wurde.
Reichmann, der selbst eine Tischlerei in Aspang betreibt, wusste, worauf er sich einlässt, und ist mit dem Ergebnis zufrieden, ebenso wie Frau Friesl, die im Haus gegenüber eine neue Heimat fand. „Ich bin sehr glücklich mit dieser Lösung. Wehmut verspüre ich keine, ich bin froh, dass etwas Gutes entstanden ist“, so Friesl.