Brücke und äußeres Burgtor bei nächtlicher Beleuchtung / Foto: Steinbichler

Sie thront als unübersehbares Wahrzeichen über der kleinen Stadt Kirchschlag in der Buckligen Welt: die mächtige Burgruine. Wie keine andere in der Region lädt sie zu jeder Tages- und Jahreszeit zum sicheren Entdecken ihrer alten Mauern ein. Dass die Ruine in einem so guten Erhaltungszustand ist und dies auch so bleibt, verdankt sie vor allem einem: Josef Vollnhofer, der seit über 33 Jahren als „Kastellan“ auf der alten Festung Kirchschlag dient.

Die Bucklige Welt gehörte im Mittelalter weitgehend zur steirischen Grafschaft Pitten, war ein unberührter Landstrich und wurde daher auch „Waldmark“ genannt. Damals (und immerhin bis 1921) war die heutige Landesgrenze zum Burgenland die Grenze zum über viele Jahrhunderte feindlichen Ungarn, von wo aus immer wieder kriegerische Angriffe und Eroberungszüge die Region heimsuchten. Zum Schutz der Herrschaften und ihrer Einwohner wurden stark befestigte Burgen erbaut. Die einzelnen Wehrbauten bildeten, oft in Sichtweite, einen starken Befestigungsgürtel entlang der Grenze. Bis heute bereichern und prägen diese historisch bedeutenden Kulturgüter die Region – mitunter als immer noch stolze, über den Tälern thronende Festungen. Oft sind von den Burgen nur noch mystische, romantische Ruinen übrig, deren Erkundung die Fantasie anregt.

Alte Mauern wachen seit 840 Jahren über der Stadt

Die wohl imposanteste und beeindruckendste Burgruine der Buckligen Welt steht hoch über der Stadt Kirchschlag. Ausgehend von der Burg umgab ein Mauerring den gesamten Ort bis zum Zöbernbach, wo auch ein Torturm stand. Errichtet wurde die Burg um 1180 von den steirischen Wildoniern – und das auf damals ungarischem Boden.

Dies führte auch später, als die Herrschaft den mächtigen Kuenringern gehörte, immer wieder zu Kämpfen um die Burg. So belagerte etwa um 1250 der ungarische König Béla VI. und später, im Jahr 1488, Matthias Corvinus die Festung, wobei sie jeweils von den Ungarn erobert wurde. Durch die Jahrhunderte wechselten Burg und Herrschaft mehrmals die Besitzer, unter ihnen große Namen wie die Güssinger und die Pottendorfer. Unter Letzteren erfolgte um 1320 ein Ausbau; der mächtige Palast stammt aus dieser Zeit, wie eine Bauholzuntersuchung ergab. Unter den Grafen von Puchheim kam es im 17. Jahrhundert noch zu letzten Befestigungsarbeiten.

Der Verfall der Burg begann um 1650 mit dem Bau des modernen „Hofhauses“ am Marktplatz durch Hans Christoph III. von Puchheim. Die Herrschaft wohnte von da an nobel im Tal oder in der moderneren Festung Krumbach, die veraltete Höhenburg wurde nur noch notdürftig instandgehalten. Nach dem Tod des Puchheimers gingen Herrschaft und Burg an die Grafen Pálffy, unter denen noch bis 1800 zumindest in Teilen der Burg mit der Hausnummer 111 einfache Mietwohnungen eingerichtet waren. Um 1804 wurden jedoch die Dächer abgedeckt, um Steuern zu sparen. Spätestens nach dem Artilleriebeschuss durch die Russen 1945 waren Teile der Burg, darunter der mächtige Feuerturm mit bis zu drei Metern Mauerstärke, stark beschädigt. Die Anlage fiel in einen Dornröschenschlaf, die Ruine diente notgedrungen als „Steinbruch“ für den Wiederaufbau, Zwinger und Höfe verwucherten.

Ein ewiger Kreislauf aus Verfall und Aufbau

An diesen Zustand erinnert sich auch noch der Kastellan (das ist der Burghauptmann oder Verwalter einer Burg) Josef Vollnhofer aus Kirchschlag. Bei seinen Abenteuer-Ausflügen in Kindertagen war vermutlich noch nicht abzusehen, dass er sich einmal mit viel Engagement und Arbeitseinsatz um die alten Mauern kümmern würde – im Gegenteil: Damals empfand er den dunklen, zerborstenen und mächtigen Feuerturm als äußerst unheimlich. 1986 begann seine Mitgliedschaft im zehn Jahre zuvor gegründeten Burgerhaltungsverein, dem er seit dem Jahr 2000 als Obmann vorsteht. Sein Vorgänger, Bruno Schimetschek, leistete große Verdienste um Erhaltung und teilweise auch Wiederaufbau der Ruine. Gemeinsam mit der Stadtgemeinde Kirchschlag, die um 1975 die Burg erworben hatte, wurden 1979 die Arbeiten mit einem Brückenschlag über den Burggraben begonnen. Nach der Sicherung der Fundamente kam es zu einem Schock, als 1981 der markante Bergfried („Feuerturm“) teilweise einstürzte. Damals wurde über einen Abriss nachgedacht, schließlich kam es anders, inklusive Ausbau als Aussichtswarte.

Dem unermüdlichen Einsatz von Kastellan Vollnhofer, seines Vereins und der Gemeinde ist es zu verdanken, dass die Burgruine in einem sicheren Zustand ist. Zu seinen typischen Arbeiten gehört das Mähen der Zwingerflächen, das Freilegen und Aufbewahren von Fundstücken wie Armbrustbolzen und Ofenkacheln sowie vor allem das Ausbessern der Mauern und Freihalten von Bewuchs. Dabei könne einem auf einem 25 Meter hohen Baugerüst schon einmal mulmig werden, wie Vollnhofer zu erzählen weiß. Auch Info- und Ausstellungstafeln werden betreut. Eine Ausstellung in zwei Turmräumen dokumentiert neben der Geschichte der Burg auch die Erhaltungsarbeiten der letzten Jahrzehnte. Dank dieses Einsatzes ist die Anlage als eine der wenigen Ruinen der Buckligen Welt nicht nur frei zugänglich, sondern ein einladendes Ausflugsziel für Groß und Klein – und dies das ganze Jahr über, zu jeder Jahres-, Tages- und Nachtzeit. Denn auch bei Dunkelheit lohnt sich ein Besuch der Ruine, wie unser Fotograf Markus Steinbichler aus eigener Erfahrung empfiehlt: „Allerdings sollte man unbedingt eine Taschenlampe einpacken – jedenfalls für die 105 Stufen auf den Feuerturm, denn der Ausblick auf die beleuchteten Mauern und die ‚Lichter der Kleinstadt‘ Kirchschlag ist atemberaubend!“, erzählt er begeistert.

Aufruf:
Wenn auch Sie einen historisch interessanten Ort oder ein verlassenes Gebäude mit spannender Geschichte in der Region kennen, erzählen Sie uns davon: redaktion@bote-bw.at – wir freuen uns über jeden Tipp!

Fotos: Steinbichler