Kathedrale von Santiago de Compostela / Foto : Helmut Gager
Begonnen hatte alles in einem Urlaub in Frankreich. Hier versuchten sich Helmut Gager und seine Frau Johanna Steinmetz aus Gleichenbach bei Hollenthon an einem Teilstück des Camino Francés. Damals hatte sich Helmut Gager mit dem Wandervirus infiziert und er beschloss, in seiner Pension den ganzen Jakobsweg in Angriff zu nehmen.
„Niemand in meiner ehemaligen Firma hat mir zugetraut, dass ich von heute auf morgen in Pension gehe, doch ich habe sie eines Besseren belehrt“, schmunzelt Gager. Denn schon 14 Tage nach Pensionsantritt machte er sich auf den Weg: von Saint-Jean-Pied-de-Port bis Santiago de Compostela, immerhin 800 Kilometer in 27 Tagen und drei Stunden. Im Nachhinein bemerkte seine Frau, dass dies genau an seinem Geburtstag, dem 27. März, gewesen sei. Nach seiner Heimkehr beschlossen er und seine Frau, in Deutschkreutz, seinem Geburtsort, eine Kapelle zu bauen. „Es war mir einfach ein Anliegen. So habe ich mich mit der Gemeinde in Verbindung gesetzt und in Eigeninitiative haben wir eine dreieckige Ökokapelle aus Stroh und Schilf gebaut.“ Es ist die einzige ihrer Art in Europa, sie ist dem Heiligen Jakobus geweiht.
Spatenstich
„Auf dem Jakobsweg habe ich einen Priester aus Stift Göttweig kennengelernt, der kam und die Kapelle einweihte.“ Das Fresko schuf ein kroatischer Künstler. „Wir haben die Kapelle aber dann trotzdem verputzt, da sie an einem Radweg liegt und uns die Brandgefahr durch weggeworfene Zigaretten zu groß war“, so Gager. Auch hier wieder eine zufällige Datengleichheit. „Am 11. Mai bin ich vom Jakobsweg heimgekommen, genau drei Jahre danach fand der Spatenstich und auf den Tag genau ein Jahr später die Einsegnung statt.“
Nach seiner Weitwanderung wollte Helmut Gager ein neues Ziel in Angriff nehmen, die Runde um den Neusiedler See, 120 Kilometer in 24 Stunden. „Das war im Winter und wirklich extrem. Wir hatten alles, Sonne, Regen, Schnee, Sturm, das Wasser ist uns aus den Schuhen geronnen.“ Mit Alexander Beisteiner hat er diese Tour begonnen, mittlerweile marschieren jährlich bis zu sechs Personen mit.
Weststeirischer Jakobsweg
„Ich wollte unbedingt diesen Wegabschnitt erwandern, denn er führt über die Koralpe auf über 2.000 Meter; das ist der höchste Punkt aller Jakobswege in Europa“, so der ehrgeizige Pensionist. „Da es aber erst April war und noch viel Schnee lag, musste ich meine Route ändern, da die Markierungen noch alle unter dem Schnee vergraben waren. Es wäre zu gefährlich gewesen.“ Hier bezwang er 120 Kilometer in vier Tagen.
Auch auf dem Weg nach Mariazell machte das Wetter fast einen Strich durch die Rechnung. Zu dritt machten sich Helmut Gager, seine Frau und Wolfgang Niesner zu Pfingsten 2021 auf den Weg. „Es hat teilweise geschüttet wie aus Schaffeln“, erinnert sich Gager mit Schaudern.
Schweiz und Norwegen warten noch
Auch der Olafweg von Oslo bis Trondheim würde er noch gerne erwandern, auch wieder 600 Kilometer, oder aber von der Kapelle in Deutschkreutz bis zum Seewinkel gehen, wo er in den burgenländischen Jakobsweg einmünden würde.
Also keine Bange, Ziele gibt es genug. „Ich habe so viele nette Menschen, deren Schicksale und Lebensgeschichten kennengelernt. Viele Freundschaften sind entstanden und du bist auf so einer Wanderung absolut frei“, begründet Gager seine Wanderleidenschaft.