Fotos: Rene Binder (2), A. Hofer
Johanna Fries erforscht an der FOTEC in Wiener Neustadt Technologie für den Weltraum. Abseits davon ist das Tanzparkett ihr Zuhause. Die Katzelsdorferin ist eine Frau mit vielen Talenten und ein echtes Vorbild.
Im Schuljahr 2012/2013 entsteht am BG Babenbergerring Wiener Neustadt ein Video: Die damals 17-jährige Johanna Fries spielt darin die Kernphysikerin Marietta Blau. Im weißen Kittel im Physiksaal, erklärt sie für das EU-Comenius-Projekt „Femina“ den historisch bedeutenden Weg der Forscherin aus Wien. Schon damals habe ihr die Rolle der Forscherin sehr gut gestanden, erinnert sich etwa ihre ehemalige Physikprofessorin Michaela Steiner.
Etwas mehr als elf Jahre später sieht man Fries tatsächlich wieder im weißen Mantel. Die heute 29-Jährige ist mittlerweile selbst Physikerin, forscht an Weltraumsatelliten und nimmt an Tagungen teil. Derzeit arbeitet sie an einem Projekt, bei dem Ionenantriebe für den Einsatz im All erarbeitet werden. „Die sind 10 x 10 x 10 Zentimeter groß. Die kann man auch angreifen“, erzählt sie. Außerdem leitet sie ein Projekt zur Neutralisation von Satelittenpotenzial. Ihr Arbeitsalltag sei sehr abwechslungsreich: „Als Projektleiterin sitze ich natürlich mehr vor dem Computer, bin aber genauso im Labor und werte Daten aus“, erzählt sie. Ihre Arbeitsstätte ist das Forschungs- und Technologiezentrum FOTEC in Wiener Neustadt – jene Forschungsstätte, die seit Jahren mit der Europäischen Raumfahrtagentur ESA zusammenarbeitet und seit wenigen Wochen sogar offizielles ESA-Labor ist.
Von Lehrerinnen gefördert
Ihr Weg dorthin führte über ihr zweites Standbein: das Tanzen. Mit 14 Jahren entschied sie sich gegen eine Profi-Karriere. Das Tanzen aufgegeben hat sie aber nie. Seit zehn Jahren choreographiert sie etwa das BORG-Musical und Musikvideos, unterrichtet bei Ortner4Dance in Katzelsdorf und steht selbst regelmäßig auf der Bühne. Vor ihrem Masterabschluss im Fach Technische Physik an der TU Wien machte sie eine Bekannte in der Tanzschule auf eine Praktikumsmöglichkeit bei der FOTEC aufmerksam. So kam Johanna zur FOTEC, wo sie nach dem Universitätsabschluss in Vollzeit einstieg. Ihre Talente setzte sie fortan nicht mehr nur am Tanzparkett, sondern auch für die Weltraumforschung ein. Muss man für so einen abwechslungsreichen Alltag ein strukturierter Mensch sein? „Es hilft mir sicher“, lacht die gebürtige Katzelsdorferin.
Dass sie einmal als Physikerin forschen würde, war für sie selbst lange nicht absehbar. Es seien ihre Physikprofessorin Michaela Steiner und die Chemieprofessorin Margit Freytag gewesen, die ihr Interesse an der Naturwissenschaft gefördert haben. Für Steiner – die ebenfalls aus Katzelsdorf stammt – ist Fries mittlerweile ein echtes „Role Model“ geworden. Mit ihren derzeitigen Schülerinnen hat sie ihre Absolventin deshalb auch schon in der FOTEC besucht. Johanna zeige, dass Frauen in den Wissenschaften alle Wege offenstehen, ohne ihre Träume aufgeben zu müssen – „und sie ist dabei auch noch bodenständig geblieben“. Margit Freytag – sie stammt aus Hochwolkersdorf – ist ebenfalls stolz. Sie erinnert sich daran, wie gut Johanna bereits in der Schule komplexe Zusammenhänge erklären konnte. Die Chemieprofessorin hat ihr nach der Matura ein OMV-Stipendium für Frauen in der Technik ans Herz gelegt – und Johanna hat es bekommen. „Ich wünsche ihr, dass sie weiter ihren Weg geht – und wer weiß, wohin der sie noch führen wird“, sagt Freytag. Eines steht für Johanna selbst aber bereits fest: Astronautin will sie trotz Weltraumforschung nicht werden – „Mir gefällt mein Leben, so wie es ist.“