Fünf Jahre kokon und Tag der offenen Tür: Samstag, 28. September um 10 Uhr / Fotos: kokon, Schwendenwein (2)
Das „kokon“ in Bad Erlach gibt es seit fünf Jahren. Eine ehemalige Patientin und die ärztliche Leiterin gaben dem „Boten“ Einblicke in die Kinder- und Jugendreha.
Laura ist ein aufgewecktes Mädchen. Als der „Bote“ die Teenagerin kennenlernt, nimmt sie gerade an einem Feriencamp des Österreichischen Jugendrotkreuzes in Slowenien teil. Sie gilt nämlich als „Young Carer“, also als Kind, dessen enge Angehörige eine Erkrankung haben oder einen Pflegebedarf haben. In Lauras Fall hat ihre alleinerziehende Mutter von Geburt an einen Herzfehler und musste sich vor fünf Jahren einer schweren Operation unterziehen. Plötzlich mit dem möglichen Tod der Mutter konfrontiert, entwickelte die damals Neunjährige unerträgliche Verlustängste. Strategien dagegen erlernte das Mädchen später in Bad Erlach, im Kinder- und Jugendrehabilitations-Zentrum „kokon“. Nach einer psychologischen Behandlung hatte Laura nämlich Anspruch auf eine Mental-Health-Reha, also eine Rehabilitation ihrer mentalen Gesundheit. Wie Laura wurden seit 2019 zahlreiche Kinder und Jugendliche mit den unterschiedlichen Diagnosen in Bad Erlach begleitet. Die stationäre Behandlung wird von den Sozialversicherungsträgern finanziert, worum auch bei zuweisenden Ärzten angesucht werden kann.
Die Eröffnung der Kinderreha vor fünf Jahren wird gemeinhin als Meilenstein für die Gesundheit von jungen Menschen gesehen. Das bestätigt auch Jutta Falger. Sie ist die Ärztliche Leiterin im „kokon“ und hat den „Boten“ dazu eingeladen, sich vor Ort ein Bild zu machen. Der Rundgang beginnt im Innenhof, wo sich ein Spielplatz, ein Sportplatz, aber auch Hochbeete und Sitzecken befinden. Fast bekommt den Eindruck, in einer Ferienanlage in Südeuropa unterwegs zu sein. Wenn es das Wetter zulasse, würden gewisse Therapien auch im Freien durchgeführt, erklärt Falger, ehe sie auf die beheizten Therapiebecken, eine Lehrküche und auch die Schule im „kokon“ hinweist. Innen sind die Räumlichkeiten in schlichtem Weiß gehalten. Dies sei ganz bewusst so gehalten, denn, wie Falger erklärt: „Wir wollen den jungen Patientinnen und Patienten hier auch die Möglichkeit geben, zur Ruhe zu kommen.“
Leben leichter meistern
Die durchschnittlich 140 Kinder, die sie und ihr Team hier betreuen, haben körperliche wie seelische Probleme. Therapiert werden neurologische Erkrankungen oder Folgezustände nach Verletzungen ebenso wie psychologische Erkrankungen. Ein Reha-Zyklus dauert drei bis fünf Wochen. Etwa ein Viertel der Patienten komme auch immer wieder. Es gehe darum, Strategien zu entwickeln, wie die Aktivitäten des täglichen Lebens leichter werden und langfristig ein gesünderes und selbstbestimmtes Leben gelingen kann, erzählt Falger. Im Durchschnitt seien etwa 60 Prozent der Patienten für eine „Mental Health“-Reha im „kokon“. Man könne generell einen steigenden Bedarf erkennen. In Bad Erlach können die Kinder und Jugendlichen in einem geschützten Rahmen die Lücke zwischen Diagnose und Alltag schließen und lernen, wie sie mit ihren Erkrankungen umgehen können.
Laura hat beispielsweise eine Kunsttherapie besonders gut getan. Zweimal war sie in Bad Erlach. Darüber hinaus hat ihr ihr Therapeut aber auch ganz individuell auf ihre Lebenssituation zugeschnittene Angebote empfohlen. So ist die heute 14-Jährige zum „Juniorcamp“ des Roten Kreuzes für „Young Carer“ gekommen.
Die individuellen Ziele und Bedürfnisse der Patienten stehen für Falger im Vordergrund. Deshalb wünscht sie sich, dass die Erfahrungswerte der ersten fünf Jahre auch dazu dienen, die Kinderreha im Gesundheitssystem weiterzuentwickeln. Bei der Gründung der Kinderreha habe man sich an der Reha für Erwachsene orientiert. Inzwischen habe sich aber herausgestellt, dass es beispielsweise auch ein Angebot für Geschwisterkinder brauche. Denn bei Patienten unter 14 Jahren ist eine erwachsene Begleitperson erforderlich. „Meist sind das die Mütter, die ihre weiteren Kinder nicht einfach zurücklassen können“, fasst Falger zusammen. Darüber hinaus betreffe die Erkrankung eines einzelnen Familienmitglieds immer die ganze Familie. Auch dafür will Falger mit ihrer Arbeit Bewusstsein schaffen.