Foto: Seidl
Es gibt ein rund einhundert Jahre altes Gedicht von meiner Urgroßmutter, in dem sich zwei Köchinnen Knödel walkend darüber unterhalten, wie lustig es nicht wäre, wenn es fertige Marillenknödel gäbe, die man nur mehr ins heiße Wasser schmeißen müsste. Während sie sich ob der Absurdität ihrer Gedanken über dieses utopische Fertiggericht vor Lachen den Bauch halten, endet die Geschichte.
Ich sitze da, starre auf das Gedicht und versuche, meine Gedanken zu sortieren.
Eine Generation später ist genau dies das Normalste auf der Welt. Was danach kommt, ist Geschichte. Der Fast-Food-Boom zum Glück auch schon wieder. Das Verrückte daran: Während wir beim Essen inzwischen streng darauf achten, dass unser Brokkoli glücklicher aufwächst als wir selbst, lassen wir unsere Musik von einer emotionslosen Maschine zusammenalgorithmisieren, die wir dann aufgrund unserer Vorlieben automatisch vorgespielt bekommen.
Willkommen in der Zukunft – wo der Haferdrink handgepresst ist, aber die Musik klingt, als hätten das Keyboard einen Unfall und der Texter einen Schlaganfall gehabt. Bald werden sich Roboter in den seelenlosen Räumen bedeutungsloser Zustimmung (Facebook) gegenseitig einen Daumen hoch für KI-generierte Musik geben, während sie an biodynamischen Karotten lutschen. Ach, du liebe Avocado. Wo kommen wir denn da hin? Übrigens ist es in der bildenden Kunst nicht anders. Ein Klick und die tollsten Gemälde entstehen. Toll, was man einer Maschine alles lehren kann. Ich wünsch’ mir nur, dass dieser Fast-Kunst-Boom so schnell in die Binsen geht wie ein Luftballon auf einem Kindergeburtstag. Klar kann’s zwischendurch mal was aus der Dose sein. Dosenravioli sind zwar grauslich, aber machen satt. Auf längere Sicht wahrscheinlich auch krank. Falls nun wer sagt, „Naja, aber KI-Musik macht ja nicht krank“, sag ich nur: Wetten?
Herzlichst,
Roman Josef Schwendt